Italiens Regierung macht Weg für Lufthansa-Einstieg bei Ita Airways frei
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Ein Passagierflugzeug der italienischen Ita Airways setzt zur Landung auf dem internationalen Flughafen von Los Angeles an.
© Quelle: Jae C. Hong/AP/dpa
Frankfurt am Main. Jetzt ist für die Lufthansa angerichtet: Die italienische Regierung hat den Weg für einen Einstieg bei Ita Airways, der früheren Alitalia, frei gemacht. Das ist ein maßgeblicher Schritt, um die Ungewissheit über die Zukunft der schwer angeschlagenen Fluggesellschaft zu beenden. Und für Lufthansa-Chef Carsten Spohr könnte schon bald ein lang gehegter Wunsch in Erfüllung gehen.
Nach langem Hin und Her hat die neue Regierung unter der rechtsradikalen Ministerpräsidentin Giorgia Meloni ein Dekret beschlossen, um den Einstieg eines industriellen Partners zu beschleunigen. Nach einem Bericht der Tageszeitung „Corriere della Sera“ geht es um einen Plan, der für die Lufthansa maßgeschneidert ist. Es laufe darauf hinaus, dass die Kranichlinie eine Minderheitsbeteiligung von 40 Prozent im Zuge einer Kapitalerhöhung erwirbt. Dafür sollen die Deutschen 230 bis 240 Millionen Euro zahlen.
Langes Siechtum der ehemaligen Staatsairline
Alitalia war über viele Jahre ein Sanierungsfall. Die Airline wäre ohne mehrfache staatliche Unterstützung längst vom Markt verschwunden. Sie ist im Laufe der Jahre immer weiter geschrumpft, diversen Managern ist es aber nicht gelungen, die hohen Kosten so weit zu drücken, dass die Fluggesellschaft profitabel wurde. Klar ist deshalb seit geraumer Zeit, dass das Unternehmen einen starken Partner aus der Branche braucht. Im Herbst 2021 wurde das Unternehmen zu Ita umfirmiert und mit einem neuen Rettungsversuch begonnen.
Auf der anderen Seite gab es in der Vergangenheit zahlreiche Vorstöße des LH-Managements, bei den Italienern einen Fuß in die Tür zu bekommen. Unter Melonis Vorgänger Mario Draghi war Spohr gemeinsam mit der Reederei MSC in ein Bieterverfahren gegangen. Doch Draghi entschied sich für das konkurrierende Angebot eines Konsortiums unter der Führung des US-Finanzinvestors Certares und unter Beteiligung von Air France-KLM und Delta Air Lines.
Doch vor einigen Wochen zerschlug sich dieser Deal. Danach reaktivierte die neue italienische Regierung nach Informationen von Branchenkennern wieder die Verhandlungen mit der Lufthansa – MSC hat sich zwischenzeitlich zurückgezogen. LH-Manager sollen bereits Zugang zu den wichtigsten Kennziffern von Ita gehabt haben.
Bundesregierung kritisiert Bonipläne der Lufthansa
Die Fluggesellschaft will den Vorstand auch für Jahre mit Staatshilfe belohnen. Das Kanzleramt sieht darin einen Verstoß gegen getroffene Vereinbarungen.
© Quelle: Reuters
Lufthansa könnte Drehkreuze in Italien aufbauen
Die Lufthansa will zu alldem keine Stellung nehmen: „Wir beteiligen uns nicht an Spekulationen“, sagte ein Sprecher auf Anfrage des RedaktionsNetzwerks Deutschland (RND).
In dem Regierungserlass ist laut „Corriere della Sera“ festgehalten, dass nur noch Unternehmen, die an dem sogenannten Interessenbekundungsverfahren im Frühjahr teilgenommen hatten, nun wieder ihren Hut in den Ring werfen dürfen. Zudem müsse es sich um Bieter unter Führung eines Luftfahrtunternehmens handeln. Das bedeutet konkret, dass das Certares-Konsortium erst einmal umgemodelt werden müsste, um noch einmal eine Chance zu bekommen, was unter Insidern als unwahrscheinlich gilt.
In dem Dekret soll ferner fixiert sein, dass nun „Verhandlungen auf Ausschließlichkeitsbasis“ geführt werden. Mit dem Ziel, die „industrielle Entwicklung und das Wachstum“ von Ita zu ermöglichen. Schwerpunkt sollen der Aufbau inländischer Drehkreuze sowie eine Expansionsstrategie für Langstreckenverbindungen sein. Und: Klauseln für eine Veräußerung der Ita-Beteiligung des Staats. Zugleich will die Regierung die Kontrolle über die anstehende Sanierung behalten. Das Szenario, das dahintersteckt, könnte bedeuten, dass die Lufthansa zunächst eine Minderheitsbeteiligung erwirbt und dann im Einvernehmen mit der Regierung eine Sanierung auf den Weg bringt. Und als finaler Schritt könnte Ita dann von der Lufthansa komplett übernommen werden.
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Der gerupfte Kranich
Die Lufthansa gehört zum Inventar der Bundesrepublik und zählte sich selbst lange zu den besten Airlines der Welt. Strukturwandel, Billigkonkurrenz, Pandemie, Beinahepleite, Managementfehler und der Dauerzoff mit der Belegschaft haben die Airline in eine schwere Krise gestürzt. Der Kranich hat Federn gelassen.
Ita braucht dringend Hilfe
Klar ist, dass die italienische Airline dringend Liquidität benötigt. Das Unternehmen werde internen Prognosen zufolge dieses Jahr in der betrieblichen Tätigkeit einen Verlust von rund 460 Millionen Euro einfahren, schreibt der „Corriere“ unter Berufung auf interne Prognosen. Eine letzte staatliche Geldspritze von 250 Millionen Euro sei möglich. Aber damit wären die vielfältigen Probleme noch längst nicht gelöst. Frühere Versuche, Kosten zu drücken, scheiterten vor allem am Widerstand des fliegenden Personals.
Spohr hatte indes erst kürzlich in einem Interview betont, es sei, „kein Geheimnis, dass Italien für uns einer der wichtigsten Märkte ist und wir schon heute mehr Menschen aus den USA nach Italien als nach Deutschland fliegen“. Italien sei wirtschaftlich stark und ein attraktives Urlaubsziel. Die Lufthansa liegt bei den Langstreckenflügen von und nach Italien schon lange vorne. Allerdings sind dort die Kurz- und die Mittelstrecke hart umkämpft. Dort dominieren Billigflieger, vor allem Ryanair. Ein weiterer strategisch wichtiger Aspekt: Mit dem Zugriff auf Ita könnte die Lufthansa verhindern, dass ein Konkurrent ein internationales Drehkreuz in Mailand aufbaut, was die Geschäfte des Kranichs am lukrativen Hub in München beeinträchtigen könnte.