Energiekrise: Habeck bringt Sondervermögen für Unternehmen ins Spiel
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Robert Habeck (Grüne), Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz.
© Quelle: IMAGO/Political-Moments
Berlin. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hat ein milliardenschweres Sondervermögen zur Unterstützung von Unternehmen wegen der explodierenden Energiepreise ins Spiel gebracht. Die Substanz kerngesunder Unternehmen müsse erhalten werden, sagte Habeck am Donnerstag bei einem Kongress des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI) in Berlin.
Habeck sagte, für zielgenaue Unterstützungsmaßnahmen müssten auch „fiskalpolitische Instrumente“ genutzt werden. Dazu müsse es in der Koalition schnelle Entscheidungen geben, machte er deutlich.
Habeck: Gleiche Entschlossenheit wie beim Sondervermögen Bundeswehr
In der Bundesregierung pocht vor allem Finanzminister Christian Lindner (FDP) darauf, dass im kommenden Jahr wieder die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse eingehalten wird. Diese war in den vergangenen Jahren wegen der Corona-Pandemie ausgesetzt worden. Sie erlaubt dem Bund nur in geringem Maße, neue Kredite aufzunehmen.
Habeck sagte, es gebe andere Möglichkeiten, wenn man nicht an die Schuldenbremse heran wolle. Er bekräftigte Aussagen, die er im Bundestag gemacht hatte. Die Bundesregierung habe zur Landesverteidigung ein 100 Milliarden Euro schweres Sondervermögen aufgelegt. Mit der gleichen Entschlossenheit müssten nun zur Verteidigung der volkswirtschaftlichen Substanz Deutschlands finanzielle Möglichkeiten mobilisiert werden.
Für ihn als Wirtschaftsminister sei der Status quo „ungenügend“, sagte Habeck beim BDI-Kongress. Die Bedarfe der Firmen seien höher als die Programme, die der Bund bisher aufgelegt habe. Nicht jeder Verlust könne ausgeglichen werden, aber die Substanz von kerngesunden Unternehmen müsse so erhalten werden, dass sie Zukunftsinvestitionen tätigen und weiter in Deutschland produzieren könnten.
Deutsche Wirtschaft könnte 2022 60 Milliarden Euro verlieren – wegen fehlender russischer Energie
Nach seinen Worten verliert die deutsche Volkswirtschaft 2022 knapp 60 Milliarden Euro wegen des Einkaufs von Energie aus anderen Quellen als den bisherigen. Im kommenden Jahr könnten es vor allem durch den Verzicht auf russische Energie knapp 100 Milliarden Euro Verlust werden, erklärte Habeck am Donnerstag beim Klimakongress des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI) in Berlin. Das entspräche laut Habeck „über die Jahre gerechnet“ zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts.
„Geld, das abfließt, weil wir Energie nachkaufen müssen. Dieses Geld fehlt überall, in den verschiedenen Branchen, in der Substanz, in der deutschen Volkswirtschaft. Das ist die makroökonomische Lage“, sagte Habeck. „Auslöser der Krise ist der Wegfall von großen Energiemengen, die eigentlich als sicher eingeplant waren.“ Dazu zähle neben der Versorgung mit Gas aus Russland auch der Atomstrom aus Frankreich. Ungefähr zwei Drittel der französischen Atommeiler seien ausgefallen, sagte Habeck. Derzeit sind gerade einmal 28 von 56 französischen Atomkraftwerken am Netz.
Deutschland sei laut Habeck in seinem letzten Stresstest für die Stromversorgung in Deutschland davon ausgegangen, dass bis Weihnachten wieder 50 Gigawatt Leistung durch die französischen Kernkraftwerke erbracht werden könnten. Grundlage der Annahme sei die Kommunikation mit den entsprechenden Stellen im Nachbarland gewesen. Ein jüngster Stresstest in Frankreich habe aber ein realistisches Szenario von lediglich 45 Gigawatt ergeben, sagte Habeck. Das seien wahrscheinlich auch noch die „Best-Case-Szenarien“.
Der Rückgriff auf alternative Energien treibe die Preise hoch. Wichtig sei es in einer solchen Zeit, die Investitionsfähigkeit der deutschen Industrie zu erhalten, sagte Habeck. Das Investieren in die Zukunft dürfe nicht erlahmen. Habeck lobte den Ansatz des BDI, sich trotz der Energiekrise zu den Klimazielen Deutschlands zu bekennen. „Was für ein starkes Statement in dieser Zeit!“ sagte er.
Zuvor hatte BDI-Präsident Siegfried Russwurm bekräftigt, dass die deutschen Firmen trotz der Energiekrise an den Klimazielen für 2030 und 2045 festhalten wollen. In der Klimapolitik dürfe jetzt nicht die Pausentaste gedrückt werden, warnte der BDI-Chef.
RND/dpa