Verkehrssektor verfehlt Klimaziel

Greenpeace zum Klimaschutzbeitrag des Verkehrsministers: „besonders dreist“

Volker Wissing (FDP), Bundesminister für Digitales und Verkehr.

Volker Wissing (FDP), Bundesminister für Digitales und Verkehr.

Berlin. Eigentlich hatte die Bundesregierung einen großen Wurf geplant. Ein „umfassendes“ Sofortprogramm für mehr Klimaschutz wollten die beteiligten Ministerien vor dem UN-Klimagipfel vorlegen, der an diesem Sonntag im ägyptischen Badeort Scharm el-Scheich beginnt. Deutschland sollte damit in die Lage versetzt werden, sein Klimaziel einzuhalten und die Treibhausgas-Emissionen bis 2030 gegenüber 1990 um 65 Prozent zu senken. Dafür müssen alle Sektoren wie Industrie, Gebäude und Landwirtschaft einen gesetzlich festgelegten Beitrag leisten.

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Seit diesem Montag ist klar: Es hat nicht geklappt. Zwar werden die meisten Sektoren, etwa Gebäude oder Landwirtschaft, nach Einschätzung der Bundesregierung ihre Klimaziele mit den bislang angedachten CO₂-Einsparprogrammen erreichen. Ausgerechnet der Verkehrssektor jedoch wird seine Ziele krachend verfehlen, wenn FDP-Minister Volker Wissing nicht noch einmal spürbar nachlegt. Dazu aber war der Liberale bislang nicht bereit.

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Nach Schätzung der Bundesregierung wird der Verkehrssektor bis 2030 trotz der bislang geplanten Sparbemühungen zwischen 118 und 175 Millionen Tonnen mehr Klimagas verursachen als vorgesehen. Die Größenordnung entspricht etwa der Menge CO₂, die der Verkehr innerhalb eines Jahres ausstößt.

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Die Zahlen gehen aus dem Eckpunktepapier des Klimaschutz-Sofortprogramms hervor, das das Wirtschaftsministerium an diesem Montag in die Ressortabstimmung gegeben hat. „Es besteht hoher klimapolitischer Handlungsbedarf im Verkehrssektor“, heißt es in dem Papier, das dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) vorliegt. „Um die gesetzlichen Klimaziele zu erreichen, müssen in einem nächsten Schritt weitere wirkungsvolle Maßnahmen zur Emissionsminderung im Verkehrsbereich beschlossen werden“, so das Papier weiter.

Monatelang hatten Wirtschafts- und Verkehrsministerium über eine Lösung des Problems verhandelt. Ohne Ergebnis. Auch auf Ministerebene konnten sich Robert Habeck (Grüne) und Volker Wissing (FDP) nicht einigen. Am Ende habe auch die Zeit gefehlt, da der Krieg in der Ukraine und die Energiekrise zu viel Aufmerksamkeit gebunden habe, heißt es aus Kreisen des Wirtschaftsministeriums, wo man mit dem nun vorgelegten Rumpfprogramm nicht gerade glücklich ist.

Grünen-Fraktionschefin Dröge: „Keine Ausreden mehr“

Die Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, Katharina Dröge, forderte Verkehrsminister Wissing auf, den CO₂-Minderungsbedarf im Verkehrsbereich endlich zu decken. „Die Lücke, die geschlossen werden muss, ist riesig. Deshalb müssen alle Anstrengungen schnell ausgeweitet werden. Hier darf es kein Vertun und keine Ausreden mehr geben“, sagte Dröge dem RND.

Sie verlangte die rasche Reform der Pendlerpauschale sowie höhere Finanzmittel für die Schiene. „An erster Stelle muss jetzt der Abbau klimaschädlicher Subventionen vorangetrieben werden. Die Koalition hat dazu unter anderem eine ökologische und soziale Reform der Pendlerpauschale vereinbart. Hier braucht es jetzt rasch konkrete Vorschläge“, mahnte sie. „Nötig ist zudem die Verlagerung auf Schiene und ÖPNV. Dafür braucht es dringend mehr Finanzierungssicherheit und eine Aufstockung der finanziellen Mittel für die Schiene.“

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Die Umweltschutzorganisation Greenpeace äußerte scharfe Kritik. „Es ist schon besonders dreist, dass im Verkehrsbereich, wo wir bei den Einsparungen der Emissionen 30 Jahre Stillstand hatten, nun der größte Widerstand ist“, sagte Greenpeace-Geschäftsführer Martin Kaiser dem RND. Er forderte unter anderem ein Tempolimit sowie die Erhöhung der Zulassungssteuer auf Verbrenner.

„Drei Maßnahmen mit großer Hebelwirkung sind jetzt notwendig: Wir brauchen einen verpflichtenden Ausstieg aus dem Verbrennungsmotor bei Neuwagen im Jahr 2028″, sagte er. „Auf den Autobahnen benötigen wir ein Tempolimit 100, auf den Landstraßen Tempolimit 80 und innerorts ein Tempolimit 30. So könnten sieben bis neun Millionen Tonnen CO₂ eingespart werden.“ Zudem müsse die Bundesregierung die Zulassungssteuer auf Verbrenner deutlich anheben, damit sich der Anreiz zum Kauf eines E-Autos erhöhe.

NABU-Klima-Chef Daniel Rieger nannte das Eckpunktepapier enttäuschend. „Besonders die mangelnde Performance im Verkehrssektor lässt uns fragen, ob die handelnden Akteure die Aufgabe verstanden haben“, sagte Rieger dem RND. „Dieser Aufguss bereits beschlossener oder angekündigter Maßnahmen, samt Verweisen auf laufende EU-Gesetzgebungsvorhaben, bringt uns nicht auf einen zukunftstauglichen Klimapfad. Wir haben vielmehr den Eindruck, als versuche die FDP die Sektorenziele abzuschaffen, um die eigene Nullleistung beim Klimaschutz besser verstecken zu können“, ergänzte Rieger. „Mit Bremsen und Verhindern ist jedoch niemanden geholfen. Die Ampelkoalition macht damit - entgegen geltender Gesetze - Schulden zu Lasten künftiger Generationen.“

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