Greensill-Bank geschlossen: Etliche deutsche Städte könnten ihr Geld nie wiedersehen

In Bremen (grüner Landfleck) hat die Greensill Bank ihren Hauptsitz gehabt. Doch sie ist nun pleite. Sowohl Osnabrück (von oben auf der Karte), Monheim am Rhein, als auch Gießen haben mehrere Millionen Euro dort geparkt - und drohen nun, das Geld zu verlieren.

In Bremen (grüner Landfleck) hat die Greensill Bank ihren Hauptsitz gehabt. Doch sie ist nun pleite. Sowohl Osnabrück (von oben auf der Karte), Monheim am Rhein, als auch Gießen haben mehrere Millionen Euro dort geparkt - und drohen nun, das Geld zu verlieren.

Frankfurt am Main. Osnabrück, Monheim, Gießen und die städtischen Kölner Bühnen haben etwas gemeinsam. Sie haben bei der zusammengebrochenen britisch-australischen Greensill-Bank viele Millionen Euro investiert, die mit großer Wahrscheinlichkeit verloren sind. Denn das Geldhaus hat seine Zahlungsunfähigkeit erklärt. Und eine Absicherung für Einlagen bei Bankenpleiten gibt es seit 2017 für Kommunen nicht mehr.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Bilanzfälschung

Insgesamt sollen rund 50 Städte und Gemeinden in Deutschland bei der Bank Geld angelegt haben. Insider gehen davon aus, dass Kundeneinlagen in Höhe von etwa 500 Millionen Euro nicht abgesichert sind. Insgesamt sollen rund 3,6 Milliarden Euro im Feuer stehen. Die Finanzaufsicht Bafin hatte dem hiesigen Greensill-Ableger die weitere Geschäftstätigkeit bereits vorige Woche untersagt. Zugleich wurde Strafanzeige wegen Betrugs gestellt. Die Staatsanwälte ermitteln. Es geht um Bilanzfälschung.

Für die Greensill-Mutter mit Sitz in Großbritannien hat ein Gericht die Unternehmensberatung Grant Thornton als Verwalter eingesetzt. Bei dem australischen Ableger soll innerhalb von acht Werktagen eine Gläubigerversammlung einberufen werden. Es kursieren Spekulationen, dass der US-Finanzinvestor Apollo Teile des Geldhauses übernimmt. Mit einem möglichen Erlös eines Verkaufs dürfte aber nur ein Bruchteil der Forderungen der Gläubiger bedient werden. Inwiefern auch hiesige Kommunen dabei zum Zuge kommen, ist derzeit völlig unklar.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Greensill bot hohe Zinsen

Die Stadt Monheim am Rhein in NRW hat 38 Millionen Euro beim Greensill-Ableger in Bremen investiert. Bürgermeister Daniel Zimmermann hat eine Sonderprüfung der Geldanlagen auf den Weg gebracht und räumt ein: „Es könnte sein, dass der komplette Ausfall des angelegten Geldes droht.“ Bei den städtischen Bühnen der Stadt Köln sind es 15 Millionen Euro. Die Leitung des kommunalen Betriebs teilte mit, die Geldanlage sei nicht spekulativ gewesen, sondern als sicher angesehen worden. Es sei vor allem darum gegangen, dass keine Steuergelder durch Negativzinsen verloren gehen.

Diese werden wegen des extrem niedrigen Zinsniveaus für höhere Summen auf Girokonten von immer mehr Banken gefordert. Greensill hingegen hatte für Tages- und Festgeld relativ hohe Zinsen offeriert. Aus diesem Grund hat auch die Stadt Osnabrück rund 14 Millionen Euro bei der Bank geparkt. Die Stadt Gießen fürchtet um 10 Millionen Euro.

Städte fühlen sich von Bafin im Stich gelassen

Die hessische Kommune hatte das Geld im Oktober und Dezember investiert. Bei der Entscheidung sei auch das Bonitätsrating von Greensill berücksichtigt worden, teilte der Verwaltung mit. Es habe zunächst eine gute und im Dezember dann eine durchschnittliche Bewertung der Zahlungsfähigkeit gegeben. Oberbürgermeisterin Dietlind Grabe-Bolz (SPD) hat angekündigt, über den Städtetag ein Bündnis der geprellten Kommunen anzuregen. Rechtliche Schritte sollen geprüft werden. Die Sozialdemokratin fühlt sich vor allem von der Finanzaufsicht Bafin im Stich gelassen: Offenbar hätten alle Kontroll- und Schutzmechanismen versagt.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Grünen-Finanzexpertin nimmt Kämmerer in Schutz

Lisa Paus, Finanzexpertin der Grünen-Bundestagsfraktion, nimmt denn auch die Städte in Schutz: „Es ist bitter, dass ausgerechnet zahlreiche Kommunen Gefahr laufen, im Zuge der Greensill-Pleite Millionen abschreiben zu müssen“, sagte sie dem RedaktionsNetzwerk Deutschland. Schließlich handele es sich hier um Steuergelder von oft ohnehin schon klammen Kommunen. „Den Kämmerern ist aber nicht wirklich ein Vorwurf zu machen“, betont die Grünen-Politikerin. Sie fügt hinzu: „Gelder bei einer in Deutschland ansässigen und regulierten Bank anzulegen, sollte kein riskantes Investment sein. Dafür brauchen wir eine funktionierende Finanzaufsicht.“

Laut „Weser-Kurier“ haben auch öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten Geld bei der Bremer Bank anlegt. Es soll sich in jedem Fall um den NDR, den Saarländischen Rundfunk und den Südwestrundfunk handeln. Über die Höhe der Summen gab es zunächst keine Angaben. Der NDR gehe davon aus, dass kein finanzieller Schaden entstanden sei.

Vorzeichen waren vorhanden

Schon 2019 hatte sich die Bilanzsumme des Geldhauses aus der Hansestadt auf 3,8 Milliarden Euro vervielfacht – ein untrügliches Zeichen, dass die Banker an einem großen Rad drehen und dass da Dramatisches passiert. Ende 2020 waren es dann sogar 4,5 Milliarden Euro. Die Bafin schloss die Bank vorige Woche wegen drohender Überschuldung. Hinzu kommt, dass die Aufseher keine Nachweise für verbriefte Forderungen von Greensill gegenüber Unternehmen finden konnten, die aber in der Bilanz aufgeführt wurden. Die Forderungen soll das Institut einer Investmentfirma des indisch-britischen Stahlmagnaten Sanjeev Gupta abgekauft haben, mit dem Greensill offenbar eng verbandelt ist.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Partner von Greensill sprangen vorzeitig ab

In diesem Stil funktionierte das Kerngeschäft der Bank: Sie nahm Lieferanten unbezahlte Rechnungen ab. Der Lieferant wurde bezahlt, musste aber einen Abschlag akzeptieren. Greensill hat dann die Forderungen an Investoren weiterverkauft, die darauf hofften, dass bei den belieferten Unternehmen die vollständigen Rechnungssummen eingetrieben werden, um Gewinne zu machen.

Das von der Bremer Tochter eingesammelte Geld wurde zur Finanzierung der Deals benötigt. Dass bei all dem einiges krumm lief, wurde offensichtlich, als Partner von Greensill, wie die Schweizer Großbank Credit Suisse, und auch Versicherungen aus den Geschäften ausstiegen. Derartige Konstruktionen können ähnlich wie Schneeballsysteme missbraucht werden.

Die von Greensill zugleich offerierten Fest- und Tagesgeldanlagen wurden auch auf zahlreichen Finanzportalen vermarktet. Tausende Privatanleger investierten. Sie können jetzt im Gegensatz zu den Kommunen darauf hoffen, dass sie durch die gesetzliche Einlagensicherung und die zusätzlichen Absicherungen des Bankenverbandes entschädigt werden.

Mehr aus Wirtschaft

 
 
 
 
 
Anzeige
Anzeige
Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt von Outbrain UK Ltd, der den Artikel ergänzt. Sie können ihn sich mit einem Klick anzeigen lassen.

 

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unseren Datenschutzhinweisen.

Verwandte Themen

Letzte Meldungen

 
 
 
 
 
 
 
 
 

Spiele entdecken