Grundsteuer: Millionen Immobilienbesitzer versäumen wohl Frist – auch der Bund braucht länger
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Illustration: Informationen zur Grundsteuerreform sind auf der Steuerplattform Elster zu sehen. Die Frist zur Einreichung der Grundsteuererklärung endet am 31. Januar.
© Quelle: Marijan Murat/dpa
Der Endspurt beginnt: Wenige Tage noch, dann muss die Grundsteuererklärung abgegeben sein. Stichtag ist der 31. Januar. Die ursprüngliche Frist, Ende Oktober 2022, wurde bereits verlängert. Allerdings lassen sich viele Eigentümerinnen und Eigentümer von Grundstücken offenbar Zeit.
Eine stichprobenartige Umfrage des RND ergab, dass in Hessen bislang 61 Prozent der Erklärungen abgegeben wurden. In Bayern lag die Quote bei 57 Prozent. Auch in Nordrhein-Westfalen bummeln die Eigentumsbesitzer noch: Bislang sind 54 Prozent der Erklärungen abgegeben worden, heißt es aus der dortigen Oberfinanzdirektion. In Niedersachsen lag die Quote zuletzt bei 61 Prozent.
Wichtig sind die Verhältnisse am 1. Januar 2022
„Es gibt noch viel Unsicherheit und offene Fragen“, sagt Florian Bauer, Immobilienökonom und Geschäftsführer von Bauer Immobilien. Er vermutet, dass sich die Abgabe auch deshalb verzögert. Verunsicherung gebe es beispielsweise mit Blick auf den Nießbrauch eines Grundstückes.
Außerdem sei nicht allen bewusst, dass es bei der Grundsteuerklärung um die Eigentumsverhältnisse am 1. Januar 2022 geht. Bauer warnt davor, wegen solcher Unsicherheiten die Erklärung gar nicht erst einzureichen. „Man sollte auf jeden Fall zusehen, die Erklärung fristgerecht abzugeben“, so Bauer.
Neue Grundsteuer wird ab 2025 erhoben
Die neue Grundsteuer soll ab 2025 erhoben werden. Hintergrund ist, dass die aktuelle Steuer auf Grundlage alter Daten berechnet wird. In Westdeutschland stammen sie aus dem Jahr 1964, in Ostdeutschland sogar von 1935. Allerdings haben sich seitdem die Grundstückswerte zum Teil massiv verändert. Das Bundesverfassungsgericht hatte deshalb eine Ungleichbehandlung festgestellt – und die Steuer einkassiert sowie eine Neuregelung gefordert.
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Um die neue Steuer zu erheben, schauen sich die Behörden nun Daten wie die Lage des Grundstücks, den Bodenrichtwert oder die Gebäudeart an. Angaben und Details können sich allerdings je nach Bundesland unterscheiden. Für die Städte und Gemeinden ist die Steuer, die auf den Grundbesitz erhoben wird, eine wichtige Einnahmequelle. „Wir alle wissen um die Wichtigkeit der Erhebung der Grundsteuer für die Kommunen, damit sie ihre Aufgaben vor Ort wie die Kinderbetreuung, die Skaterbahn, die Aufforstung oder Seniorenangebote finanzieren zu können“, heißt es aus der hessischen Oberfinanzdirektion.
Grundsteuererklärung: Was, wenn die Frist nicht eingehalten wird?
Alexander Surminski, Geschäftsführer der Immobilienplattform Immocation, findet allerdings, dass es mehr Aufklärung zur neuen Grundsteuer hätte geben müssen. „Eigentümer wurden rückblickend betrachtet nicht ausreichend über die Datengenerierung zur Grundsteuererklärung informiert“, kritisiert er. „Wenn selbst Profis und auch Steuerberater verzweifeln, muss der Gesetzgeber eigentlich Wege zur Vereinfachung ebnen.“
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Protestwelle gegen Grundsteuerbescheide in Schleswig-Holstein: „In den Finanzämtern brennt die Luft“
In Schleswig-Holstein hakt es bei der Reform der Grundsteuer nach wie vor heftig. 40 Prozent der 1,26 Millionen Grundstücksbesitzerinnen und ‑besitzer haben ihre Erklärung noch immer nicht abgegeben. Die Finanzämter sind auch wegen vieler Einsprüche gegen Steuerbescheide überlastet.
Doch was, wenn die Frist gerissen wird? Im schlimmsten Fall drohen ein Verspätungszuschlag oder ein Zwangsgeld. Wer die Erklärung bis zum 31. Januar nicht abgibt, kann von den Behörden erst einmal erinnert oder auch gemahnt werden. Ist das erfolglos, erklärt eine Sprecherin der Oberfinanzdirektion Nordrhein-Westfalen, schätzt die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen. Dann können Verspätungszuschlag oder auch Zwangsgeld folgen.
Warum der Bund länger braucht
Offenbar wird aber auch der Bund länger brauchen, die Erklärung für seine Liegenschaften abzugeben. Das geht aus einer Anfrage des CDU-Politikers Christoph Ploß hervor, die dem RND vorliegt. Zuerst hatte der „Spiegel“ berichtet. Ploß wollte wissen, für wie viele im Bundeseigentum befindlichen Immobilien der Bund eine Grundsteuererklärung abgegeben hat. Der überwiegende Teil der 26.000 Liegenschaften sei grundsteuerbefreit, heißt es in der Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Florian Toncar (FDP). Allerdings müsse für diese Grundstücke dennoch eine Grundsteuererklärung abgegeben werden.
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Einfamilienhäuser stehen in einer Siedlung in Köln-Widdersdorf (Luftaufnahme mit einer Drohne). Immobilienbesitzer müssen bis 31. Januar die neue Grundsteuererklärung abgegeben haben.
© Quelle: Henning Kaiser/dpa
Der Vertreter der Bundesregierung verweist auf den hohen Aufwand, weil es sich beispielsweise bei den wenigsten Immobilien um Standardimmobilien handele. „Die einzelne händische Einreichung der rund 26.000 Grundsteuererklärungen gegenüber einer Vielzahl verschiedener Finanzämter deutschlandweit wäre außerordentlich aufwändig und ineffizient“, so Toncar. Deshalb solle es eine IT-Lösung geben. Bis zum 31. März 2023 sollen die Meldungen über die steuerpflichtigen Liegenschaften und bis Ende September 2023 über sämtliche Liegenschaften abgeschlossen sein.
Finanzministerium: Frist von den Ländern festgelegt
Ein Sprecher des Finanzministeriums betonte, dass die Frist zur Abgabe nicht auf einer bundesgesetzlichen Regelung beruhe, „sondern auf Festlegungen der Länderseite“. Die für die Liegenschaften des Bundes zuständige Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima) habe Fristverlängerungen beantragt.
Dennoch stößt der Vorgang auf Kritik. „Den Bürgern eine viel zu knappe Frist aufzudrücken, die nicht einmal die eigene Verwaltung einhalten kann, ist eine Frechheit gegenüber den Eigenheimbesitzern in Deutschland“, sagt CDU-Politiker Ploß. Kai Warnecke, Präsident des Eigentümerverbandes Haus & Grund, kritisierte, dass das kein Vertrauen in staatliches Handeln schaffe.