IWF-Konjunkturprognose: Die Weltwirtschaft berappelt sich

Der IWF rechnet noch mit einem Schrumpfen der weltweiten Wirtschaftsleistung um 4,4 Prozent, im Juni gingen Gopinath und ihre Kollegen noch von minus 5,2 Prozent aus.

Der IWF rechnet noch mit einem Schrumpfen der weltweiten Wirtschaftsleistung um 4,4 Prozent, im Juni gingen Gopinath und ihre Kollegen noch von minus 5,2 Prozent aus.

Frankfurt am Main. Gita Gopinath kehrt hervor, was in den vergangenen Monaten gut gelaufen ist. Covid-Tests seien ausgeweitet, Behandlungsmethoden verbessert und die Entwicklung von Impfstoffen mit hoher Geschwindigkeit vorangebracht worden. Dazu internationale Solidarität mit medizinischer Ausrüstung und mit finanziellen Hilfen. Es gebe Gründe, hoffnungsvoll zu sein, so die Chefvolkswirtin des Internationalen Währungsfonds (IWF). Die Organisation hat folgerichtig ihre Prognosen für die ökonomische Entwicklung in diesem Jahr teils deutlich nach oben korrigiert.

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Der IWF rechnet noch mit einem Schrumpfen der weltweiten Wirtschaftsleistung um 4,4 Prozent. Im Juni gingen Gopinath und ihre Kollegen noch von minus 5,2 Prozent aus. 2021 soll die Weltwirtschaft dann wieder um 5,2 Prozent wachsen. Auch die Prognose für Deutschland fällt nun deutlich günstiger aus – ein Rückgang von „nur“ noch 6 Prozent (nach minus 7,8) und ein Wachstum von 4,2 Prozent im nächsten Jahr wird hochgerechnet. Auch die hiesigen Finanzmarktexperten bewerten die aktuelle Lage deutlich besser als noch im September. Das geht aus der jüngsten Umfrage des Wirtschaftsforschungsinstituts ZEW hervor.

Wiederholung des Finanzcrashs konnte verhindert werden

In allen großen Volkswirtschaften sei der Einbruch in den Sommermonaten weniger stark ausgefallen als zunächst befürchtet, schreibt denn auch Gopinath im aktuellen World Economic Outlook, den der IWF am Dienstag vorlegte. Und es gebe zahlreiche Signale für eine schnelle Erholung. Mit beispiellosen Hilfsprogrammen der Regierungen seien die Einkommen der privaten Haushalte und der Geldfluss der Unternehmen stabilisiert worden. Damit wurde nach Gopinaths Worten eine Wiederholung der Katastrophe der Jahre 2008/2009 bislang verhindert – damals stand der globale Finanzmarkt kurz vor einem Zusammenbruch.

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China: Überraschende „Rückkehr zum Wachstum“

Als eine der überraschend positiven Entwicklungen sehen die IWF-Experten die „Rückkehr Chinas zum Wachstum“. Sie trauen der Volksrepublik nun ein Plus des Bruttoinlandprodukts für dieses Jahr von inzwischen sogar 1,9 Prozent zu. Diese Einschätzung wird durch aktuelle Außenhandelszahlen bestätigt. Im September wuchs das Volumen der chinesischen Exporte um fast 10 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Die Importe gingen sogar um mehr als 13 Prozent nach oben – zahlreiche Experten hatten mit erheblich weniger kalkuliert.

Sie interpretieren die Zahlen nun als Hinweis darauf, dass das schnelle Hochfahren in der Industrie nach einem rigiden Lockdown sich jetzt voll auszahle. Zhou Hao von der Commerzbank betonte, die Steigerung der Importe lege nahe, dass die Binnennachfrage in China auf einem starken Fundament stehe.

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Weltweite starke Nachfrage nach Elektrogeräten

Allerdings machte der Analyst Tommy Xie aus Singapur gegenüber der Finanznachrichtenagentur Bloomberg auch darauf aufmerksam, dass der hohe Importzuwachs mit Hamsterkäufen chinesischer Techfirmen zusammenhängen könnte, die elektronische Komponenten aus den USA horten, weil sie schärfere Handelssanktionen durch die US-Regierung befürchten. Andererseits deute dies zugleich auf eine starke weltweite Nachfrage nach elektronischen Geräten hin. Smartphones dürften im Weihnachtsgeschäft wieder zu den wichtigsten Artikeln zählen. Apple will am Dienstag seine neuen iPhones vorstellen.

Lockere Geldpolitik sorgt für Kaufkraft

Die neuen Smartphones sind aber nur an den Mann und die Frau zu bringen, wenn diese auch noch in den nächsten Wochen über ausreichend Kaufkraft verfügen. Dazu braucht es vielfach staatliche Unterstützung. Erfreulich dabei ist, dass viele Staaten dies aufgrund der lockeren Geldpolitik der Notenbanken mit extrem günstigen Staatsanleihen finanzieren können. Am Dienstag wurde sogar erstmals ein italienisches Papier (Laufzeit: drei Jahre) mit null Prozent an Anleger ausgegeben. Hiesige Anleihen des Bundes notieren seit geraumer Zeit sogar mit Negativzinsen – Investoren zahlen eine Gebühr dafür, dass sie dem Staat Geld leihen dürfen.

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Strukturwandel, um Wirtschaft auf Kurs zu halten

Zu billigem Geld müssen, so Gopinath, weiterhin kluge Entscheidungen der Regierungen kommen, um die Wirtschaft kurzfristig zu stimulieren und gleichzeitig mittelfristige Ziele im Auge zu behalten. Unternehmen in Schieflage sollten beim Schuldendienst entlastet werden. Und ein Strukturwandel müsse mit Umschulungsprogrammen angegangen werden, um wachsende Arbeitslosigkeit zu verhindern.

Zu den schrumpfenden Branchen zählt in den Augen der IWF-Experten unter anderem der Tourismus. Im E-Commerce sehen sie hingegen große Wachstumschancen. Um nachhaltig eine ökonomische Stabilisierung zu erreichen, sei es außerdem wichtig, Steuersysteme progressiver anzulegen – Reiche sollen mehr zahlen und auch Unternehmen müssten einen fairen Anteil am Steueraufkommen beitragen.

Langer, unsicherer Aufstieg befürchtet

Für den IWF liegt der entscheidende Faktor für eine Gesundung der Weltwirtschaft indes in einer gemeinsamen Überwindung der Covid-Krise. Von medizinischen Fortschritten müssten alle Länder gleichermaßen profitieren. Wenn Impfstoffe bereitstünden, brauche es eine „starke multilaterale Komponente“, um sie auch ärmeren Ländern zu bezahlbaren Preisen zur Verfügung zu stellen. Gopinath betont: „Der Aufstieg wird lange, holprig und unsicher.“

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Diese Einschätzung hat auch am Dienstag die Finanzmärkte geprägt. Sorgen wegen wieder steigenden Infektionszahlen standen im Vordergrund. Der Deutsche Aktienindex gab nach. Ein maßgeblicher Faktor war dabei, dass laut ZEW die Konjunkturerwartungen der hiesigen Finanzprofis für die nächsten Monate deutlich zurückgegangen sind.

RND



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