Käufer für Wirecard gesucht: Die Interessenten stehen Schlange

Der Schriftzug von Wirecard ist an der Firmenzentrale des Zahlungsdienstleisters zu sehen.

Der Schriftzug von Wirecard ist an der Firmenzentrale des Zahlungsdienstleisters zu sehen.

München. Der Insolvenzexperte Michael Jaffe kennt sich aus mit schwierigen Großpleiten, für die über Landesgrenzen hinweg komplizierte Rechtsfragen zu klären sind. Nun ist der 57-jährige Jurist vom Gläubigerausschuss des Dax-Konzerns Wirecard in seinem Amt als vorläufiger Insolvenzverwalter bestätigt worden.

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In einer mehrstündigen Sitzung hat er eine erste Zwischenbilanz des Skandalfalls um mutmaßlich frisierte Bilanzen, erfundene Geschäfte und verschwundene 1,9 Milliarden Euro gezogen. “Es haben sich bereits eine Vielzahl von Investoren aus aller Welt gemeldet, die Interesse am Erwerb des Kerngeschäfts beziehungsweise der davon unabhängigen und eigenständig erfolgreich am Markt agierenden Geschäftsbereiche haben”, machte Jaffe etwas Hoffnung. Damit ist aber auch klar: Wirecard wird voraussichtlich in Einzelteilen verkauft.

300.000 Händler weltweit

Kern von Wirecard ist die Technik, die bargeldlose Zahlungsströme im Internet oder über Kartengeräte in stationären Läden zwischen Kunden sowie Händlern aller Art leitet und Kundendaten dabei intelligent analysiert. Wirecard arbeitet weltweit mit rund 300.000 Händlern zusammen. Auch diese Kundendatei dürfte auf Interesse stoßen.

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Dazu hat Wirecard eine für viele Länder gültige Banklizenz und Kreditkartengeschäft. Tochterfirmen wie die Wirecard Bank sind von der Pleite bislang nicht betroffen. Es ist aber nicht sicher, ob das so bleibt. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass auch Insolvenzantrag für Tochtergesellschaften gestellt werden müssen, stellte Jaffe klar.

Die Sorge der Handelspartner

Ein Hauptziel sei es nun, die Geschäfte so weit wie möglich am Laufen zu halten. Dazu muss Jaffe Kunden und Handelspartner in aller Welt aber auch Kreditkartenkonzerne, mit denen Wirecard kooperiert, bei der Stange halten. Einige Handelspartner wollen nicht mehr mit Wirecard arbeiten, weil sie fürchten, dass weitere Teile des Kartenhauses kollabieren und dann der eigene Zahlungsverkehr blockiert wird.

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Auszahlungen der Wirecard Bank an Kunden wie Händler würden ohne Einschränkungen ausgeführt, betonte Jaffe, um die Wogen zu glätten. Denn aufkommende Panik könnte einen Run auf Konten auslösen und der Bank ein schnelles Ende bringen. Kundengelder sind allerdings abgesichert. Entspannt hat sich die Situation in Großbritannien. Dort hat die britische Finanzaufsicht FCA verhängte Restriktionen gegen die Tochter Wirecard Card Solutions wieder aufgehoben. Damit sind mehrere Hunderttausend Konten wieder für die Abwicklung von Zahlungen frei. Kunden können ihre darauf bezogenen Kreditkarten nun nun wieder wie gewohnt nutzen, stellte Jaffe klar. Zudem will er die Justiz bei der Aufklärung des Falls helfen.

Stabilisierung des Geschäfts und Investorensuche

Dritter Aufgabenbereich des vorläufigen Insolvenzverwalters neben Stabilisierung des Geschäfts und Investorensuche ist die Aufklärung der immer noch schwer durchschaubaren Vorgänge, die zur ersten Pleite eines Dax-Unternehmens geführt haben. Die Aufklärung der Krisenursachen werde mit Hochdruck vorangetrieben, betonte Jaffe. Gleiches gelte für eine Analyse von Datenmaterial und Verifizierung von Zahlungsströmen.

Das spielt auf den Verdacht an, dass ein Großteil wenn nicht sogar das komplette Asien-Geschäft des Fintech-Konzerns über Jahre hinweg erfunden wurden und nie existiert haben. In diesem forensischen Punkt arbeitet Jaffe auch der Staatsanwaltschaft zu, die gegen ehemalige und amtierende Wirecard-Vorstände ermittelt.

Wichtige Hinweise für Strafermittler konnte der 57-jährige bereits bei anderen spektakulären Großpleiten wie dem der Schiffscontainerfirma P&R liefern. Dort hat Jaffe entdeckt, dass statt 1,6 Millionen angeblich gekaufter Transportboxen nur 618.000 existiert haben. Die Spreu vom Weizen trennen muss der Insolvenzexperte auch bei Wirecard.

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