Chinesische Millennials: Sparsamkeit als neue Tugend
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/GFTQJ2SNHBEVFN5EDQXBBGWPVQ.jpg)
Kundinnen und Kunden in einem Supermarkt in Peking.
© Quelle: picture alliance / ASSOCIATED PRESS
Chinas Jugend übt sich dieser Tage in Bescheidenheit. In sozialen Medien preisen die populärsten Influencer und Influencerinnen des Landes einen minimalistischen Lebensstil an: In Videos demonstrieren sie, wie man Abendessen für unter 10 Yuan (1,40 Euro) zubereiten kann, selbst in den teuersten Metropolen mit magerem Mindestlohn über die Runden kommt und sich von unnötigen Statussymbolen löst.
Der neue Trend zur Sparsamkeit hat einen ernsten Hintergrund: Die Jugendarbeitslosigkeit liegt im Reich der Mitte mit 20 Prozent auf einem historischem Rekordhoch. Gleichzeitig haben die chinesischen Millennials keine Lust mehr auf das ermüdende Hamsterradrennen, das zwischen 60‑Stunden-Woche und cholerischen Chefs oszilliert.
Hohe Immobilienpreise in Chinas Städten
Denn der soziale Aufstieg, den vorherige Generationen mit viel Fleiß und Aufopferung erklommen konnten, ist für viele mittlerweile nur mehr ein leeres Versprechen: Die Immobilienpreise in Chinas Städten sind mittlerweile derart hoch, dass sie mit einem normalen Angestelltenlohn kaum mehr zu erreichen sind. Doch eine eigene Wohnung gilt für viele Chinesen nach wie vor als Grundvoraussetzung, um zu heiraten und eine Familie zu gründen.
„Tang ping“ lautet das Schlagwort, das den Zeitgeist der unter 30‑Jährigen am treffendsten umschreibt. Übersetzen lässt sich das Sprichwort mit „flach liegen“. Es bringt die Fantasie der jungen Chinesinnen und Chinesen zum Ausdruck, sich den gesellschaftlichen Konventionen zu widersetzen: Nichtstun statt Karriereleiter, Einsiedlerdasein statt Familiengründung.
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/6FSDWLIHPNHDBBEACS634AXZOI.png)
Krisen-Radar
RND-Auslandsreporter Can Merey und sein Team analysieren die Entwicklung globaler Krisen im neuen wöchentlichen Newsletter zur Sicherheitslage – immer mittwochs.
Mit meiner Anmeldung zum Newsletter stimme ich der Werbevereinbarung zu.
Wie eine Bergbaustadt zum Mekka der neuen Bewegung wurde
Als Mekka der neuen Bewegung gilt seit einigen Monaten eine verlassene Bergbaustadt im hohen Norden des Landes: Hegang, an der Grenze zu Russland gelegen, als „günstigste Stadt Chinas“ bekannt. Seither pilgern täglich Hunderte junge Menschen in den Provinzort, um auch ohne nennenswerte Ersparnisse ein selbstgenügsames Leben mit Eigenheim verwirklichen zu können: Apartments gibt es in Hegang nämlich bereits für umgerechnet unter 10.000 Euro, die Heizkosten bezahlt der Staat.
Doch das günstige Leben kommt dennoch mit einem hohen Preisschild versehen: Im Winter muss man in Hegang Minustemperaturen von bis zu 40 Grad Celsius ertragen, und das nächste moderne Krankenhaus ist mehrere Autostunden entfernt.