Lebensmittel retten per App

Profitiert „Too Good to Go“ von einem kaputten System?

So sieht die App aus

So sieht die App aus.

Berlin. Wer Lebensmittel vor der Mülltonne retten will, muss schon lange nicht mehr in Container hinter Supermärkten klettern. Es genügt der Blick aufs Smartphone. Über sogenannte Foodsharing-Apps und Plattformen bieten Restaurants, Supermärkte und Bäckereien übrig gebliebene Waren kurz vor Feierabend an.

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Anbieter gibt es mittlerweile viele. Europas führende App zur Lebensmittelrettung ist „Too Good to Go“ (TGTG). In der App können Kundinnen und Kunden Überraschungstüten, sogenannte „Magic Bags“, mit übrig gebliebenen Lebensmitteln für etwa 3 bis 5 Euro reservieren, bezahlen und anschließend in einem bestimmten Zeitfenster abholen. Die App gibt es aktuell in 17 Ländern, darunter Norwegen, Großbritannien, Italien, USA und Kanada. In Deutschland hat das Unternehmens laut eigenen Angaben mehr als 17.000 Partnerläden in über 900 Städten. 9,4 Millionen Menschen nutzen die App.

Pro Jahr landen in Deutschland 11 Millionen Tonnen Lebensmittel im Müll

Glaubt man dem Unternehmen, wurden dank seiner App schon mehr als 23 Millionen Lebensmittelportionen vor dem Mülleimer gerettet. Zum Vergleich: Pro Jahr landen in Deutschland circa 11 Millionen Tonnen Lebensmittel im Müll. Mit 59 Prozent (6,5 Tonnen) entsteht der Großteil der Lebensmittelabfälle in privaten Haushalten. Im Handel entstehen 7 Prozent (0,8 Mio. Tonnen) der Lebensmittelabfälle, bei der Außer-Haus-Verpflegung fallen 17 Prozent (1,9 Mio. Tonnen) an.

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„TGTG“ leistet damit einen Beitrag zur Lebensmittelrettung – und profitiert auch davon. Denn pro verkaufter Überraschungstüte zahlen die Einzelhändler eine Provision an das Unternehmen. Um zu wachsen, hat „TGTG“ große Partnerunternehmen an Bord gezogen. Kooperationen mit Edeka, der Schnellrestaurantkette Nordsee sowie den Bäckereiketten Backwerk, Kamps und Ditsch dürften für beide Seiten lukrativ sein. Die App stellt schließlich eine zusätzliche digitale Vertriebsplattform für die Partnerkonzerne dar.

„TGTG“-Deutschland-Chef: „Das System ist kaputt, das ist definitiv der Fall“

Profitiert „TGTG“ von einem System, das bewusst Überflüsse produziert, um sämtliche Kundenbedürfnisse zu befriedigen? „Das System ist kaputt, das ist definitiv der Fall“, sagte Deutschland-Chef Wolfgang Hennen im Interview mit dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) noch im vergangenen Jahr. „Unsere Mission ist es, die Effekte dieses kaputten Systems zu lindern.“

Kritiker und Kritikerinnen sprechen von Symptom- statt Ursachenbekämpfung. Die unternehmerische Verteilung von Lebensmittelüberschüssen ersetze aber weder gute Sozialpolitik noch verbindliche Gesetze, sagte Elisa Kollenda, Referentin für Nachhaltige Ernährung bei WWF dem RND. „Unternehmen wie ‚Too Good to Go‘ gibt es ja auch deshalb, weil seit Jahren zu wenig passiert. Hier ist vor allem die Politik gefragt. Eine gesetzlich verankerte Pflicht zur Reduzierung von Lebensmittelverschwendung – vom Acker bis zum Teller und für alle Wirtschaftsbeteiligten auf allen Herstellungs- und Vertriebsebenen – ist längst überfällig.“

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Unternehmen werden angehalten, weiterhin zuerst an die Tafeln zu spenden

Die Expertin hält dem Unternehmen zugute, dass es sich für eine verbindliche Reduzierung der Verschwendung entlang der gesamten Lieferkette engagiert. Zuletzt habe „TGTG“ das französische Start-up-Unternehmen Codabene, ein Softwareentwickler für ein verbessertes Regalmanagement, übernommen.

„Was derzeit sonst oft in der Tonne landen würde, wird durch Unternehmen wie ‚Too Good to Go‘ weiter verteilt. Das trägt dazu bei, dass der am Ende der Lieferkette anfallende Überschuss an Lebensmitteln besser genutzt wird. Der Anspruch in Deutschland muss allerdings sein, dass hinten raus erst gar nicht derart viel Überschuss ankommt“, sagt Kollenda.

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Sind Diäten ein Einstieg in die Essstörung?

Können Diäten zu Magersucht, Bulimie oder Binge-Eating führen? Experten und Expertinnen sehen zumindest einen Zusammenhang zwischen Hungerphasen und den Erkrankungen. Manche Gruppen sind dabei aber besonders gefährdet.

Als Konkurrenz für die Tafel sieht die WWF-Referentin „TGTG“ nicht, es gelte nämlich das „Tafel First“-Prinzip. Unternehmen würden aktiv dazu angehalten, wenn möglich immer zunächst an die Tafeln zu spenden. Die Umverteilung durch „Too Good to Go“ habe wiederum den Mehrwert, dass auch kleinere Mengen, andere Arten von Lebensmitteln und neue Zielgruppen relevant werden.

Offene, fertige Gerichte aus Restaurants könne die Tafel aus hygienischen und logistischen Gründen gar nicht annehmen, sagt Pascal Kutzner, stellvertretender Pressesprecher bei der Tafel. „'Too Good to Go‘ sehen wir nicht als Konkurrenz, sondern als sinnvolle Ergänzung im Kampf gegen Lebensmittelverschwendung.“

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