Neues Medikament: Start-up kämpft mit einem Miniteam gegen Corona
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Corinna Lieleg, Direktorin Forschung und Entwicklung bei Eisbach Bio im bayerischen Planegg, arbeitet an der Entwicklung eines Medikaments gegen das Sars-Cov-2-Virus.
© Quelle: Getty Images
München. Ein kleines bayerisches Start-up will sich gegen die Großen der Pharmabranche durchsetzen. Bei Eisbach Bio in Martinsried bei München wird ein Medikament gegen das Coronavirus entwickelt. Das Bundesforschungsministerium hat gerade 8 Millionen Euro Förderung zugesagt mit dem Ziel, möglichst schnell zu produzieren und mit Tests an Menschen zu beginnen.
Bescheidenes Budget
Das hat Eisbach vor: Das dort entwickelte Mittel hat die Tiertests hinter sich, „wir können jetzt mit der klinischen Phase und Tests an Menschen beginnen“, sagt Mitgründer Adrian Schomburg. Während die großen Impfstoffentwickler Hunderte Millionen zur Verfügung haben, decke die staatliche Förderung bei Eisbach 80 Prozent der Entwicklungskosten ab, sagt der 38-jährige Molekularbiologe.
Er hat das Unternehmen 2019 zusammen mit dem Biochemiker Andreas Ladurner gegründet. Schomburg ist Mehrfachgründer und hat schon für den US-Pharmariesen Pfizer gearbeitet. Ladurner lehrt parallel als Professor an der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität.
Mit Eisbach Bio wollen beide eigentlich Krebsmedikamente entwickeln. Beim Ausbruch der Corona-Pandemie hat das Duo dann festgestellt, dass Gensequenzen des Coronavirus einem Protein ähneln, auf das auch ihr Krebsmedikament zielt. Mehr Personal wurde eingestellt und die Forschung auf Corona konzentriert.
In Arbeit ist kein Impfstoff, sondern ein Mittel, das Coronaviren im Körper von Erkrankten bekämpfen soll. In der nun geplanten Phase I der Erprobung wird EIS-10700, wie der Hoffnungsträger erst einmal heißt, Gesunden verabreicht, um die Nebenwirkungen zu prüfen. Bei Tieren gab es die nicht. Bleiben sie auch bei Menschen aus, folgt die klinische Phase II, wo die Wirksamkeit an Infizierten geprüft wird.
Wenn alles glatt läuft, könnten wir Mitte bis Ende 2022 mit der Produktion beginnen.
Adrian Schomburg
Mitgründer Eisbach Bio
„Wenn alles glatt läuft, könnten wir Mitte bis Ende 2022 mit der Produktion beginnen“, sagt Schomburg. Die Wahrscheinlichkeit dafür taxiert er auf über 50 Prozent und hält das für eher pessimistisch. „Wir sind entschlossen, ein nachhaltiges Medikament mit einem Sicherheitsprofil zu liefern, das jedem, der positiv auf Sars-CoV-2 getestet wird, die Einnahme dieses Medikaments ermöglichen sollte“, gibt Ladurner das Ziel vor. Kontengünstig und sicher soll es sein.
Andere Mittel sind teuer
Die wenigen wirksamen Medikamente, die es schon gibt, sind für viele Menschen zu teuer. Eine Dosis Tocilizumab des Schweizer Roche-Konzerns kostet in den USA etwa 3625 Dollar, in einem armen Land wie Indien seien es immer noch 646 Dollar, kritisiert die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen.
Die Weltgesundheitsorganisation WHO hat es als eines von bislang nur zwei Medikamenten zur Bekämpfung schwerer Corona-Erkrankungen empfohlen. Die für Tocilizumab verlangten Preise seien in Ländern mit mittlerem und niedrigen Einkommen aber praktisch nicht bezahlbar, rügen die Ärzte ohne Grenzen.
Entwicklungs- und Produktionskosten seien bei einem Großkonzern weit höher als bei Eisbach Bio mit seinen zwölf Beschäftigten, sagt Schomburg. „Unsere Tabletten sind einfach herzustellen, und eine einwöchige Behandlung kostet unter 100 Euro.“ Gedacht seien sie primär für Erkrankte im Frühstadium und hätten dort das Potenzial, Corona-Symptome so zu mildern, dass es kaum noch Krankenhausaufenthalte und Todesfälle gebe. Die Krankheit soll zum bloßen Schnupfen werden.
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Adrian Schomburg hat zusammen mit Andreas Ladurner Eisbach Bio gegründet.
© Quelle: Getty Images
Wegen der Wirkweise des Medikaments könne es wohl auch Mutationen zuverlässiger bekämpfen als Impfstoffe, vermutet Schomburg. „Außerdem haben wir noch zwei weitere Eisen im Feuer“, sagt der Gründer. Zwei zusätzliche Wirkstoffvarianten seien in Arbeit. Läuft alles nach Plan, könnten nächstes Jahr zum Beispiel erkrankte Ungeimpfte mit den Tabletten von Eisbach Bio gerettet werden. Für den Fall, dass Mutationen einmal Impfstoffe wirkungslos machen, hätte man etwas in der Hinterhand.
Vor allem aber wünscht Schomburg sich den Einsatz in armen Ländern Afrikas, Asiens und Lateinamerikas. „Am liebsten wäre mir, man könnte unser Medikament dort über Gegenden ohne medizinische Versorgung abwerfen, um Menschen zu erreichen, die in keiner Statistik auftauchen“, sagt er.