Ein Wunderkind in Nöten

Twitter: Musk sucht einen Dummen für den Chefposten

Tesla-Chef Elon Musk spricht vor der Enthüllung des Teslas Modell Y in Teslas Designstudio in Hawthorne, Kalifornien.

Tesla-Chef Elon Musk spricht vor der Enthüllung des Teslas Modell Y in Teslas Designstudio in Hawthorne, Kalifornien.

Frankfurt am Main. Elon Musk ist nicht zu stoppen – wenn es ums Twittern geht: Er ließ über die Kurznachrichtenplattform, die ihm gehört, wissen, dass Twitter auf dem Weg war, im nächsten Jahr gigantische Verluste einzufahren. So – Stand Mittwochnachmittag mitteleuropäischer Zeit – der neueste Dreh bei den Turbulenzen um Twitter, die inzwischen auch den E-Auto-Bauer Tesla erwischt haben, der ebenfalls von Musk kontrolliert wird.

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Die Tesla-Aktien waren am Dienstag um gut 8 Prozent eingebrochen. Musks Vermögen schrumpfte damit rechnerisch um 7,7 Milliarden Dollar. Am Mittwoch berappelte sich das Papier wieder etwas.

Kosten wie verrückt gesenkt

Das scheint Musk derzeit aber wenig zu interessieren. Ihm geht es um Twitter. Der Internetdienst, so der Multiunternehmer, hätte 2023 aufgrund von früheren Investitionsplänen und anstehenden Zinszahlungen wahrscheinlich einen Fehlbetrag von 3 Milliarden Dollar eingefahren – auf Basis des sogenannten Cashflows, also dem Verlust ohne Berücksichtigung von Abschreibungen. „Deshalb habe ich die letzten fünf Wochen damit verbracht, die Kosten wie verrückt zu senken“, so Musk, der Twitter im Oktober für 44 Milliarden Dollar komplett übernommen hatte.

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Kurz nach dem Deal ernannte er sich selbst zum Chief Twit, feuerte fast die gesamte Führungsriege, etwa 5000 der insgesamt 7500 Beschäftigten mussten ebenfalls gehen. Eine Reihe von wichtigen Posten im Unternehmen sind seither unbesetzt. Beschäftigte, die namentlich nicht genannt werden wollen, berichten in US-Medien von Chaos und davon, dass Musk sich impulsiv und sprunghaft verhalte, dass er auf die Aufgaben, mit denen er konfrontiert werde, nicht vorbereitet sei und dass er kein Konzept für Twitter habe.

Elon Musk will als Twitter-Chef zurücktreten – unter einer Bedingung
ARCHIV - 13.08.2021, Brandenburg, Grünheide: Elon Musk, Tesla-Chef, steht bei einem Pressetermin auf dem Gelände der Tesla Gigafactory. Musk will als Twitter-Chef zurücktreten - allerdings erst, wenn ein Nachfolger gefunden ist. Das twitterte der Eigentümer des Kurznachrichtendienstes am Dienstag. Foto: Patrick Pleul/dpa Pool/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Elon Musk will als Twitter-Chef zurücktreten – allerdings erst, wenn ein Nachfolger gefunden ist.

Der Milliardär hatte sich im Frühjahr offenbar spontan zu der Übernahme der Plattform entschlossen, die er seit Jahren intensiv nutzt. Er wollte den Kauf rückgängig machen, doch durch eine Klage vor Gericht wurde er zur Akquisition quasi gezwungen.

Am Mittwoch beschrieb er die Lage folgendermaßen: „Dieses Unternehmen ist im Grunde wie ein Flugzeug, das mit hoher Geschwindigkeit auf den Boden zusteuert, wobei die Triebwerke brennen und die Steuerung nicht funktioniert.“ Wenige Stunden zuvor hatte er mitgeteilt, dass er sich nun auf die Suche nach einem Vorstandschef (Chief Executive Officer – CEO) von Twitter begebe: „Ich werde als CEO zurücktreten, sobald ich jemanden finde, der dumm genug ist, den Job zu übernehmen.“ Dem war eine von Musk selbst initiierte Abstimmung auf Twitter vorausgegangen mit der Frage, ob er als Chef zurücktreten soll. Fast 58 Prozent stimmten mit „Ja“.

Massiver Verfall der Tesla-Aktie

Offen ist wie all dies zustande gekommen war. Für Gary Black von der einflussreichen Investmentberatungsfirma The Future Fund, ist klar, dass Musk zum Handeln gedrängt wurde. Er glaube, dass Mitglieder von Teslas Verwaltungsrat (Board of Directors) Druck ausgeübt hätten, um ihn zum Rücktritt vom Posten des Twitter-Chefs zu zwingen, so Black auf Twitter. In dem Gremium sitzen renommierte Personen, wie Joe Gebbia, Mitgründer von Airbnb, oder Hiro Mizuno, einst Chef des Pensionsfonds der japanischen Regierung. Auch James Murdoch, Sohn des Medienmoguls Rupert Murdoch, gehört dazu.

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Das Anliegen der Board-Mitglieder dürfte sein, dass Musk sich wieder stärker um seine Autofirma kümmert. Der Verfall der Aktie ist immens. Anfang des Jahres kostete sie noch knapp 400 Dollar pro Stück. Am Mittwoch waren es noch um die 140 Dollar. Wobei Tesla mit einem Marktwert von gut 430 Milliarden Dollar immer noch der mit Abstand wertvollste Autobauer der Welt ist.

Diese Bewertung beruht aber darauf, dass Musks Firma über einen gehörigen technologischen Vorsprung verfügt, der so schnell nicht wettgemacht werden kann. Analystinnen und Analysten machen nun aber darauf aufmerksam, dass Tesla es verstärkt mit ernsthaften Konkurrenten zu tun habe.

Auch deshalb habe es kürzlich Preissenkungen auf dem enorm wichtigen chinesischen Markt gegeben. Toni Sacconaghi vom Analysehaus Bernstein Research betont in einer aktuellen Studie, dass es offenbar Nachfrageprobleme gebe. Er geht davon aus, dass die Preise noch stärker gesenkt werden müssen, was die Gewinne und die Margen von Tesla drücken würde.

Nicht nur chinesische Hersteller sind nach Einschätzung der Branchenkenner mittlerweile technologisch auf Augenhöhe mit Tesla. Gleiches wird unter anderem auch Hyundai/Kia aus Südkorea zugeschrieben. Und es wird darauf hingewiesen, dass Mercedes oder Audi im neuen Jahr mit neuen Stromern angreifen werden.

Tesla das neue AOL?

Tesla werde Marktanteile verlieren, schreibt auch Edward Harrison in einem Newsletter des Finanzdienstes Bloomberg. Und er stellt die Frage, ob Tesla zum AOL des E-Auto-Marktes werde. AOL war einst Pionier bei Internetdiensten, wurde dann von Google und Co. überholt und ging sang- und klanglos unter. Verschärft wird die Tesla-Krise noch durch hohe Zinsen, Inflation und eine mögliche Rezession – alles Faktoren, die Umsatz und Profite massiv beeinträchtigen können.

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Das Blatt wenden kann Elon Musk, glauben viele Expertinnen und Experten. Schließlich gilt er als derjenige, der das Zusammenspiel von Fahrzeug, Batterien, Software und zusätzlichen Funktionen wie dem Autopiloten ersonnen hat. Dafür müsste er sich aber wieder mehr auf Tesla konzentrieren, wo eine Erneuerung der Modellpalette an Dringlichkeit gewinnt. Und auch angefangene Projekte wie der Cybertruck müssten vorangebracht werden.

Und was wird dann aus Twitter? In US-Medien wird Jason Calacanis, Investor und Podcaster, als einer der Favoriten für den Chefposten gehandelt. Er ist seit vielen Jahren ein Wegbegleiter von Musk. Calacanis hatte zuletzt mit neuen Ideen für zusätzliche Einnahmequellen auf sich aufmerksam gemacht. Etwa dem Verkauf von Analysen der Twitter-Umfragen. Welche Personen haben sich daran beteiligt? Wie viele Followerinnen und Follower haben diese Leute oder aus welchen Ländern kommen sie? „Solche Einblicke sind es wert, dafür zu bezahlen“, so Calacanis auf Twitter. Die Daten können unter anderem für gezielte Werbung eingesetzt werden. Musk jedenfalls kündigte schon mal an, dass er „nur noch die Software- und Server-Teams“ leiten werde, wenn ein CEO gefunden sei.

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