Prüfung der Kreditwürdigkeit

Warum junge Menschen oft einen schlechteren Schufa-Score haben

Die Verbraucher in Deutschland lassen sich vom Zinstief einer Studie zufolge nicht zu übermäßigen Schulden verführen.

Die Schufa will sich offener präsentieren.

Wer einen Kredit braucht oder im Internet kauft, kommt ohne Schufa-Auskunft in der Regel nicht weit. Was bei dieser Prüfung der Kreditwürdigkeit allerdings passiert, hat das Gemeinschaftsunternehmen von Kreditinstituten und Händlern stets für sich behalten. Jetzt lüftet die Schufa den Schleier zumindest ein wenig. „Nur durch Transparenz, Erklärbarkeit und Fairness können wir Vertrauen schaffen“, sagt Schufa-Chefin Tanja Birkholz, der die neue Offenheit „ein persönliches Anliegen“ ist.

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Mit sieben Fragen zum eigenen Score

Im sogenannten Score-Simulator können Verbraucherinnen und Verbraucher jetzt online auf www.schufa.de kostenlos ausprobieren, wie sie eingestuft werden. Diese Fragen sind zu beantworten: Wann das Girokonto eingerichtet wurde; wie viele Kreditkarten man hat; ob Kredite laufen; wann der letzte Umzug war; ob es in den vergangenen drei Jahren Zahlungsausfälle gab.

Es ist nur ein Ausschnitt der Daten, die tatsächlich verwendet werden. Heraus kommt nicht der tatsächliche Schufa-Score, aber angeblich eine verlässliche Annäherung. Man habe auch die komplette Kriterienliste getestet, sagte Birkholz, aber den Nutzerinnen und Nutzern sei das zu kompliziert gewesen. Den genauen Algorithmus will die Schufa allerdings nicht veröffentlichen.

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Tanja Birkholz ist seit Mitte 2020 Chefin der Schufa Holding AG in Wiesbaden.

Tanja Birkholz ist seit Mitte 2020 Chefin der Schufa Holding AG in Wiesbaden.

Von den verschiedenen Schufa-Scores machen Banken zum Teil Kreditkonditionen abhängig, Onlinehändlerinnen, -händler oder Vermieterinnen und Vermieter manchmal sogar den Vertragsabschluss. Alter, Geschlecht, Einkommen und Vermögen spielen zumindest bei der Schufa nach eigenen Angaben keine Rolle und die Wohngegend angeblich nur in 0,3 Prozent der Fälle – wenn sonst überhaupt keine Daten über einen Onlinekäufer oder eine Onlinekäuferin vorliegen.

Das Ergebnis sind vier Risikoklassen von „hervorragend“ bis „ausreichend“, die angeben, wie hoch die Rückzahlungswahrscheinlichkeit bei Schuldnern der jeweiligen Kategorie erfahrungsgemäß ist. In der besten Kategorie liegt sie über 97 Prozent – von 100 Schuldnerinnen und Schuldnern bleiben statistisch drei ihre Zahlung schuldig. In der Kategorie „ausreichend“ sind es rund 14 von 100.

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Nach Birkholz’ Angaben fallen gut 90 Prozent der Datensätze in diese vier Kategorien. Knapp 10 Prozent finden sich demnach in der fünften Kategorie „ungenügend“ wieder. Hier liegen sogenannte Negativinformationen, also Zahlungsstörungen vor, die einen Kredit oder Ratenkauf meist verhindern.

Gar kein Kredit ist auch nicht gut

Der Simulator zeigt auch, wie sich Änderungen bei einzelnen Kriterien auswirken. Manches ist erwartbar – Zahlungsausfälle in den letzten drei Jahren führen zum gefürchteten Negativeintrag. Manches überrascht aber auch: So wirken sich mehrere ordentlich bediente Kredite positiv aus, erst ab dem vierten Kredit innerhalb von drei Jahren kippt es ins Negative. Junge Menschen bekommen oft trotz untadeligen Verhaltens nur einen mittelmäßigen Score, weil von ihnen noch wenige Daten vorliegen. Wer nie einen Kredit aufnahm, bewies auch nie, dass er ihn verlässlich zurückzahlt.

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„Es geht um statistische Zusammenhänge, nicht um angenommene Kausalitäten“, sagt Birkholz. Der Score ist also eine Wahrscheinlichkeitsrechnung anhand von Erfahrungswerten. Das führt zum Beispiel dazu, dass sich Umzüge negativ auf die Kreditwürdigkeit auswirken – selbst dann, wenn der Wechsel in einen besser bezahlten Job der Anlass war. Statistisch sind Umzüge offenbar überdurchschnittlich oft mit Ausfällen verbunden.

Besserer Score mit mehr Daten

Der Simulator solle auch helfen, den eigenen Score zu verbessern, sagt Birkholz. Allerdings ist an den meisten Kriterien wenig zu drehen. Wer Punkte machen will, muss in erster Linie mehr Daten liefern: das Einkommen etwa oder alte Kontoinformationen, die die Schufa aus Datenschutzgründen löschen musste. „Durch zusätzliche Daten kommen mehr Menschen in den grünen Bereich“, sagt Birkholz. Deshalb ist für 2024 eine neue App geplant, in der man nicht nur die eigenen Daten abfragen, sondern auch zusätzliche hinterlassen kann.

Die 2020 zur Schufa gewechselte Bankerin Birkholz sieht den Score-Simulator als Auftakt einer Transparenzoffensive. Als einer der größten Datensammler im Land steht die 1927 gegründete „Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung“ regelmäßig in der Kritik. Daten über mehr als 60 Millionen Menschen hat das Unternehmen gesammelt. Was sie über Menschen weiß und wer dieses Wissen wie nutzt – die Schufa ist seit Jahrzehnten als Blackbox verschrien.

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Onlinehandel lässt das Geschäft wachsen

Neben der neuen Chefin und dem Dauerdruck durch Daten- und Verbraucherschützerinnen und -schützer dürfte auch die wachsende Konkurrenz die Öffnung gefördert haben. Das sogenannte Scoring ist ein Wachstumsmarkt, seit der Onlinehandel immer mehr Geschäftspartnerinnen und -partner zusammenbringt, die sich nicht kennen. Ohne statistische Berechnung der Ausfallwahrscheinlichkeit – nichts anderes ist Scoring – wären viele Geschäftsmodelle überhaupt nicht denkbar.

Anfang des Jahres interessierte sich der Finanzinvestor EQT für einen Einstieg bei der Schufa und bewertete das Unternehmen angeblich mit 2 Milliarden Euro – bei einem bescheidenen Umsatz zwischen 200 und 300 Millionen Euro. EQT warb nicht zuletzt mit dem Versprechen, für mehr Offenheit bei der Schufa zu sorgen, und traf damit den schwachen Punkt.

Der hessische Datenschutzbeauftragte Alexander Roßnagel lobte damals den Fokus auf Transparenz und Verbraucherschutz, und Verbraucherschutzministerin Steffi Lemke (Grüne) sagte: „Wichtig für Verbraucherinnen und Verbraucher ist vor allem, dass die Schufa transparenter wird.“ Der EQT-Einstieg ist offenbar geplatzt, aber eine Transparenzoffensive kommt trotzdem.

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