Wegen Umbauplänen: Airbus-Belegschaft fürchtet Zerschlagung wichtiger Unternehmensteile

Hamburg: Beschäftigte des Airbus-Werkes in Finkenwerder zeigen dem Management des Unternehmens symbolisch die rote Karte. Die deutschen Airbus-Belegschaften und die IG Metall laufen Sturm gegen die Umbaupläne des Flugzeugbauers.

Hamburg: Beschäftigte des Airbus-Werkes in Finkenwerder zeigen dem Management des Unternehmens symbolisch die rote Karte. Die deutschen Airbus-Belegschaften und die IG Metall laufen Sturm gegen die Umbaupläne des Flugzeugbauers.

Hamburg/Augsburg. Der geplante Konzernumbau bei Airbus lässt die deutschen Belegschaften des Flugzeugbauers in den Konfliktmodus schalten. Sie fürchten „Zerschlagung und Verkauf“ wichtiger Unternehmensteile und stellen sich gemeinsam mit der IG Metall auf eine langwierige Auseinandersetzung ein. „Wir müssen langen Atem haben“, sagte der Konzernbetriebsratsvorsitzende Holger Junge am Dienstag bei einer Betriebsversammlung in Hamburg-Finkenwerder. Parallel protestierten hunderte Beschäftigte auch an den anderen Standorten in Bremen und Stade sowie bei der Airbus-Tochter Premium Aerotec in Nordenham, Varel und Augsburg.

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„Wir müssen den Protest so organisieren, dass wir den Arbeitgeber dazu zwingen, dass er dieses Thema vom Tisch nimmt. Nur so können wir es hinkriegen, dass wir unsere Arbeitsplätze sichern“, sagte Junge vor Hunderten Airbus-Beschäftigten. „Das ist kein Thema, das wir am Verhandlungstisch allein geregelt kriegen.“ An diesem Mittwoch trifft sich der Europäische Betriebsrat von Airbus mit dem Management.

Airbus-Chef Guillaume Faury hatte vor rund vier Wochen angekündigt, dass die Flugzeugproduktion in Deutschland und Frankreich neu aufgestellt werden soll. Dazu sollen in den beiden Ländern jeweils neue Unternehmen gegründet werden, die vollständig zu Airbus gehören. Zudem soll eine neue Einheit mit Sitz in Deutschland gegründet werden, die sich auf die Fertigung von Einzelteilen und Kleinkomponenten konzentriert. Begründet wird die neue industrielle Struktur mit den Herausforderungen im Flugzeugbau, zu denen neben den voraussichtlich noch Jahre währenden Folgen der Corona-Pandemie auch die Entwicklung neuer emissionsfreier Flugzeuge zählt.

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Airbus-Konzernpläne betreffen aus Sicht der IG Metall gut 10.000 Beschäftigte

Aus Sicht der IG Metall dürften nach früheren Angaben gut 10.000 Beschäftigte von den Planungen betroffen sein. Deutschlands größte Gewerkschaft befürchtet auf längere Sicht Verlagerungen von Teilen der Produktion in Billiglohnländer, Entgeltkürzungen für die Belegschaft und einen Verkauf der ausgegründeten Unternehmensteile. „Nach wie vor ist vieles unklar. In Deutschland soll die Einzelteilefertigung verkauft werden, aber in Frankreich in die neue Tochterfirma integriert werden“, kritisieren die Betriebsräte. „Für die Einzelteilefirma soll es bereits potenzielle Käufer geben, obwohl der Verkaufsprozess noch gar nicht begonnen hat.“ Betriebsratschef Junge sprach von einem „scheinheiligen“ Verhalten der Unternehmensspitze. „Warum macht man separate Firmen? Weil man die Option haben möchte, dass man verkauft.“

Der Augsburger IG-Metall-Chef Michael Leppek befürchtet, dass Airbus seine Teilefertigung in Augsburg, im ostfriesischen Varel und in Rumänien Ende des Jahres verkaufen wird. Der Investor Michael Tojner habe mit dem Teil-Börsengang seines Schweizer Zulieferunternehmens Montana Aerotec soeben gut 400 Millionen Euro für weiteres Wachstum und Zukäufe eingenommen – „das würde passen“, sagte Leppek. Allein in Augsburg seien rund 2000 Beschäftigte der Airbus-Tochter von den Konzernplänen betroffen.

In einem internen Schreiben Faurys an die Belegschaften hatte dieser geschrieben: „Bezüglich der Einzelteilfertigung in Deutschland prüfen wir derzeit verschiedene Eigentümerstrukturen, um die bestmögliche Lösung zu finden.“ Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) sagte in München, bei einem Verkauf von Unternehmensteilen komme nur ein „Qualitätsinvestor“ in Frage.

Augsburger IG-Metall-Chef: „Niemand weiß, wie es mit dem Fliegen weitergeht“

In der Teilefertigung gebe es im Moment eine gewaltige Unterauslastung, weil Fluggesellschaften kaum Maschinen abnähmen, sagte Leppek. „Niemand weiß, wie es mit dem Fliegen weitergeht“, wie sich die Nachfrage nach Geschäftsreisen und Urlaubsflügen mit Blick auf Corona und Klima entwickle. Auch Tojners Werke in Rumänien und Vietnam seien unterausgelastet. Mit der Übernahme der Bau- und Rumpfteilefertigung von Premium Aerotec bekäme er Airbus-Aufträge und könnte seine Werke dort auffüllen, so die Überlegungen des Gewerkschafters.

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Die IG Metall kritisiert auch, dass Airbus seine französische Tochter Stelia in den Konzern integrieren wolle, seine deutsche Tochter Premium Aerotec aber aufspalten und großenteils verkaufen wolle. Immerhin gehörten Deutschland und Frankreich je 11 Prozent des Airbus-Konzerns. Auf Bundes- und Länderebene liefen Gespräche oder seien geplant.

Die Covid-19-Pandemie hatte die Luftfahrtbranche in eine beispiellose Krise gestürzt. Airbus hatte seine Flugzeugproduktion daraufhin im vergangenen Jahr gedrosselt und die Streichung Tausender Stellen angekündigt. Die Produktion der Mittelstreckenjets soll nun 2021 langsam wieder etwas gesteigert werden. Bei den Großraumflugzeugen soll das aktuelle Niveau aber vorerst beibehalten werden. Airbus-Chef Faury hatte zuletzt bereits angedeutet, dass er Potenzial zur Optimierung des industriellen Aufbaus in Europa sehe. Dieser sei aktuell „komplex und fragmentiert“.

RND/dpa

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