Zum Jahresende ein wildes Auf und Ab an den Aktienmärkten

Frankfurt. Von einer Jahresendrallye, der letzten Hoffnung der Anleger im Dezember, ist in diesem Jahr keine Rede. Die Börsen sind seit Wochen schwach, rund ein Fünftel seines Werts dürfte der wichtigste hiesige Aktienindex in diesem Jahr verlieren. Das wären die stärksten Einbußen seit der Finanz- und Wirtschaftskrise vor zehn Jahren. Allein am Donnerstag gab der Dax bis zum Nachmittag noch einmal mehr als zwei Prozent ab.

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Die ohnehin schon große Nervosität der Börsianer hat sich nach Weihnachten noch einmal massiv gesteigert. Während in Deutschland am Montag nicht gehandelt wurde, stürzten an der New Yorker Wall Street die Kurse zunächst um gut drei Prozent ab. Doch wer das als Anzeichen für einen Crash wertete, lag massiv daneben. Denn am Mittwoch ging es mit dem Dow-Jones-Index zeitweise um fast sechs Prozent nach oben. Das Plus von 1086 Punkten an einem Tag markiert einen Rekord. Händler nannten als Grund: Es gebe Anzeichen, dass die Ausgaben der US-Verbraucher robust seien – das ist relevant, da die Konjunktur jenseits des Atlantiks stark von der Kauflaune der Konsumenten abhängig ist. Hinzu kamen Meldungen, dass es bei den Handelsgesprächen zwischen China und den USA Fortschritte gebe. So hat Xi Jinping, Präsident der Volksrepublik, bekräftigt, dass Einfuhrzölle für insgesamt 700 Produkte mit Beginn des neuen Jahres gesenkt werden, was vor allem Waren aus der EU und den USA billiger macht.

Allerdings hat das wilde Auf und Ab der US-Aktien viel damit zu tun, dass nur relativ geringe Mengen an Wertpapieren gehandelt wurden. An den hiesigen Aktienmärkten ging die Berg- und Talfahrt von Dow und Nasdaq indes weitgehend vorbei. Am Mittwoch wurde nicht gehandelt. Am Donnerstag standen dann die Zeichen auf Dunkelrot. Am Nachmittag wurde mit weniger als 10 400 Punkten der niedrigste Dax-Wert seit mehr als zwei Jahren erreicht. Viele Händler bewerteten das Fünf-Prozent-Plus an der Wall Street als heftige Übertreibung. Das bestätigte sich, als der New Yorker Handel mit einem Minus startete. Befürchtungen über die wirtschaftliche Entwicklung weltweit gewannen wieder die Oberhand – zumal die Volkswirte der Europäischen Zentralbank ihre Prognosen für das Wachstum der Eurozone im nächsten Jahr nach unten korrigierten.

US-Notenbank kündigt Zinserhöhung an

Und Börsianer sahen die extremen Schwankungen der US-Aktienkurse als Hinweis auf ein Kippen der Konjunktur. Dabei spielt die sogenannte inverse Zinskurve eine maßgebliche Rolle. Gemeint ist damit, dass die Renditen von US-Staatsanleihen mit kurzer Laufzeit höher sind als bei Papieren mit langer Laufzeit. Normalerweise ist es umgekehrt: Je länger die Laufzeit, desto größer die Risiken, was mit höheren Renditen kompensiert wird. Ist es umgekehrt wie derzeit, gehen die Akteure am Kapitalmarkt davon aus, dass Festverzinsliche in der Zukunft attraktiver werden, was deren Kurse antreibt und damit die Renditen drückt. Dies geht mit der Erwartung eines niedrigeren Zinsniveaus einher. Das alles spricht für einen Abschwung. Die Erfahrung der vergangenen sechs Jahrzehnte spricht dafür: Achtmal traten seither in den USA Situationen mit inversen Zinskurven auf. Jedes Mal folgte darauf eine Rezession, und zwar eine weltweite. Dies würde das Ende einer zehnjährigen Aufschwungphase – und damit einer der längsten in der Wirtschaftsgeschichte – bedeuten.

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Eine wichtige Rolle dabei spielt die US-Notenbank Fed. Sie hat zwar angekündigt, im nächsten Jahr die Leitzinsen nur noch zweimal statt wie ursprünglich geplant dreimal zu erhöhen. Aber auch das könnte schon reichen, um das Wachstum in der größten Ökonomie der Welt abzuwürgen.

So macht etwa der renommierte US-Marktforscher James Bianco darauf aufmerksam, dass eine zu strenge Politik der Fed immer eine der Hauptursachen für Rezessionen sei. Er sagte dem US-Fernsehsender CNBC, Fed-Chef Jerome Powell müsse nun „sehr, sehr vorsichtig sein“. Eigentlich erwarte der Finanzmarkt „weniger als eine Zinserhöhung“. In die gleiche Richtung argumentieren die Experten der DWS, der Fondstochter der Deutschen Bank. Sie haben ihre Prognose für den Dax per Ende 2019 deutlich nach unten korrigiert. „Nicht zuletzt, da wir eine negative Rückkopplung der Finanzmärkte auf die Realwirtschaft nicht mehr ausschließen können“, heißt es in der Begründung. Sei es über eine schlechte Stimmung, die durch sinkende Aktienkurse erzeugt wird oder auch über „schlechtere Finanzierungskonditionen“. Gemeint ist damit, dass Banken bei der Vergabe von Krediten wegen wachsender Risiken strengere Kriterien anlegen und höhere Zinsen verlangen. Aber immerhin geht die DWS noch von einem Dax-Stand von 11 800 Punkten im Dezember 2019 aus, das sind rund 1400 Punkte mehr als am Donnerstagnachmittag.

Von Frank-Thomas Wenzel/RND

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