Astrophysikalischer Blick nach oben: „Der Himmel! Eine Expedition in die Welt über uns“
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Wunder über unseren Köpfen: Eine Sternschnuppe ist am 14. Dezember 2021 während des Geminiden-Meteorstroms am Sternenhimmel über dem Kochelsee und dem Gipfel des Herzogstands in Bayern zu sehen. Die Geminiden sind der stärkste Meteorstrom des Jahres.
© Quelle: picture alliance/dpa
Lesen Sie Ihr Horoskop? Aus wissenschaftlicher Sicht ist das sinnlos. Denn wegen der geneigten Erdachse stimmen die einst vorgenommenen Zuordnungen der Tierkreiszeichen nicht mehr mit den aktuellen Sternenkonstellationen überein. „Mittlerweile hat sich das Ganze um ein Sternbild verschoben“, schreibt Rolf Heilmann in seinem Buch „Der Himmel!“. Mit Ausrufezeichen.
Der Physiker von der Hochschule für angewandte Wissenschaften München nimmt die Leserinnen und Leser gemäß Untertitel mit auf „eine Expedition in die Welt über uns“. Dabei arbeitet er sich Kapitel für Kapitel vor vom Erdboden über Gewitterwolken und Regenbogen bis zu den Planeten und Schwarzen Löchern. Auf rund 200 Seiten erläutert er dabei nicht nur die (astro)physikalischen Erkenntnisse.
Vielmehr gibt er auch Historisches preis, zum Beispiel, mit welchen Experimenten und Geräten die Forscher und Forscherinnen zu ihren Erkenntnissen gelangten. Vieles davon im Selbstversuch. Sehr häufig – das fällt beim Lesen auf – sind die Ergebnisse Nobelpreis-gekrönt.
Bis heute sei dem Himmel „der Nimbus des Geheimnisvollen und Unfassbaren“ geblieben, schreibt Heilmann. Selbst bei rein rationaler Betrachtung blieben unzählige Rätsel und Wunder. Einst hätten die Menschen annehmen müssen, der Himmel sei nicht für sie gemacht – entfernten sie sich doch immer weiter von ihrem angestammten Lebensraum, je weiter sie die Berge erklommen. Zum Glück – so mag man nach der Lektüre meinen – haben sie sich nicht abschrecken lassen.
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Rolf Heilmann: „Der Himmel! Eine Expedition in die Welt über uns“, S.-Hirzel-Verlag, 212 Seiten, ISBN: 978-3-7776-2897-4, 18 Euro
© Quelle: S. Hirzel Verlag
Es ist spannend zu lesen von Erdgezeiten und dass der Tag pro Jahr um 20 Mikrosekunden länger wird. Heilmann erklärt auch die Unterschiede zwischen Kometen und Meteoren und was den sogenannten Treibhauseffekt von den Effekten im Treibhaus unterscheidet. Er erläutert Quasare wie Dunkle Energie – auch für Laien verständlich und soweit möglich anschaulich. Wo passend, helfen auch Grafiken und Bilder dabei.
Kant und die Außerirdischen
Dabei geht der Autor, der selbst zur Wechselwirkung von Licht mit Kristallen forschte und am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt Lasersysteme für Satelliten entwickelte, nicht nur auf Grundlagen der Physik und Astrophysik ein. Er beschreibt auch, dass sich selbst der große Aufklärer Immanuel Kant umfassend mit dem Thema Außerirdische befasst habe.
Und, dass es im Englischen für den Himmel zwei Begriffe mit unterschiedlicher Konnotation gibt: heaven und sky. Und dass Forscher bei der Suche nach möglichen Störquellen für ihre Messungen schon mal aufs Dach steigen und Taubendreck suchen.
Lückenhafte Datenlage als Grundproblem
Überhaupt sei die lückenhafte Datenlage ein Grundproblem der Astrophysik, schreibt Heilmann: „Weil vieles oft nicht direkt beobachtbar und messbar ist, muss man häufig unbekannte Größen aus anderen Größen ausrechnen. Wenn aber die Ausgangswerte falsch sind, dann ist es das Endergebnis natürlich auch.“
Angesichts dieser Analyse ist es umso beeindruckender, was schon alles über die Tiefen des Weltalls ans Tageslicht gebracht wurde. Der Himmel im engeren Sinne mit all seinen Phänomenen ist da nur ein kleiner Teil. Doch überrascht dann auch nicht ein anderer Befund Heilmanns: „dass wir von 95 Prozent des ,Inhaltes‘ unseres Kosmos überhaupt noch nicht wissen, woraus er besteht“.
RND/dpa/Marco Krefting