Extreme Dürren

Erderwärmung von vier Grad: Frankreich stellt sich auf das Worst-Case-Szenario ein

Der Lac de Serre-Poncon im französischen Département Haute-Alpes ist Frankreichs größter Stausee.

Ein Steg ins Trockene: Der französische Stausee Lac de Serre-Ponçon erreichte im Sommer 2022 einen historischen Wassertiefstand.

Paris. Es klingt wie ein Albtraumszenario, doch glaubt man dem französischen Minister für den ökologischen Wandel, könnte es in einigen Jahrzehnten Realität werden. „Wir müssen unser Land auf eine Entwicklung der Temperaturen von plus vier Grad vorbereiten“, betont Christophe Béchu seit Wochen wieder und wieder. Es sei davon auszugehen, dass sich das Dürrerisiko im Land verdoppele, falls die Temperaturen bis zum Ende des Jahrhunderts um zwei Grad Celsius im Vergleich zum Jahr 1990 ansteigen – und sich sogar verfünffache, sollte der Unterschied vier Grad betragen.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Mit beträchtlichen Folgen. Sie reichen vom allmählichen Verschwinden der französischen Gletscher über zwei Monate andauernde Hitzewellen mit „tropisch heißen Nächten“ und hoher Waldbrandgefahr bis zu Überschwemmungen und der damit verbundenen Evakuierung von Tausenden Wohnungen und Häusern an den Küsten. „Wir müssen uns an den Gedanken gewöhnen, dass die Klimaerwärmung jetzt stattfindet“, so Béchu.

Klima-Check

Erhalten Sie den Newsletter mit den wichtigsten News und Hintergründen rund um den Klimawandel – jeden Freitag neu.

Mit meiner Anmeldung zum Newsletter stimme ich der Werbevereinbarung zu.

Bleibt 2022 wirklich ein meteorologisches Ausnahmejahr?

Im vergangenen Jahr wurden rund 1000 südfranzösische Gemeinden zeitweise über Tankwagen mit Wasser versorgt. Die Produktion der Landwirtschaft sank mancherorts um bis zu 30 Prozent. 2022 verbrannten mehr als 785.000 Hektar Wald – ein trauriger Rekord. In meteorologischer Hinsicht galt 2022 mit seinen Rekordtemperaturen, der anhaltenden Dürre in weiten Teilen Frankreichs und teils dramatischen Waldbränden als Ausnahmejahr. Es könnte sich aber auch um eine neue Normalität handeln.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige
ARCHIV - 18.04.2023, Spanien, Vilanova de Sau: ACHTUNG: DIESER BEITRAG DARF NICHT VOR DER SPERRFRIST, 18. Mai, 20 UHR, VERÖFFENTLICHT WERDEN! EIN BRUCH DES EMBARGOS KÖNNTE DIE BERICHTERSTATTUNG ÜBER STUDIEN EMPFINDLICH EINSCHRÄNKEN. Eine Anlegestelle im Sau-Stausee ist trockengefallen, nachdem der Wasserstand in dem See, etwa 100 km nördlich von Barcelona, gesunken war. Die Behörden in Spaniens ausgedörrtem Nordosten warnten zu der Zeit, dass Barcelona und das Umland in den kommenden Monaten mit noch strengeren Einschränkungen bei der Wassernutzung konfrontiert werden könnten. (Zu dpa "Studie: Über die Hälfte der weltweit größten Seen verliert Wasser") Foto: Emilio Morenatti/AP +++ dpa-Bildfunk +++

Zwei Grad versus drei Grad Erwärmung: In welcher Welt würden wir dann leben?

Frankreich bereitet sich auf eine globale Erwärmung von drei Grad Celsius vor. Für die Erde würde das katastrophale Zustände bedeuten. Besser wäre es, die Erwärmung auf zwei Grad Celsius zu begrenzen – und selbst dann müssen sich die Menschen auf spürbaren Folgen des Klimawandels einstellen. Das Leben in der Zwei- und Drei-Grad-Welt im Vergleich.

Auch in diesem Winter hat es viel zu wenig geregnet. Bereits im April wurden rund die Hälfte der 96 Departements in Kontinentalfrankreich wegen Wassermangels in Alarmbereitschaft versetzt. Zum 1. Mai waren 68 Prozent der Grundwasserspeicher auf niedrigem, davon 20 Prozent auf sehr niedrigem Niveau. Einige der Maßnahmen, die im letzten Sommer fast im ganzen Land galten, wurden stellenweise bereits im Frühjahr wieder eingeführt. In einigen Gegenden ist es verboten, Felder und Gärten zu bewässern oder das Auto zu waschen.

Diskussion um frei stehende Swimmingpools

Bis 2027 werden in fünf südfranzösischen Gemeinden keine Baugenehmigungen für Privathäuser mehr ausgegeben, da die Wasserversorgung nicht sichergestellt werden kann. Für Aufregung sorgte das Verkaufsverbot für frei stehende Swimmingpools im Departement Pyrénées-Orientales an der spanischen Grenze. Béchu zufolge gelte es zu „vermeiden, dass Leute Pools kaufen und in die Versuchung kommen, sie zu befüllen, während wir genau das verbieten“.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Der betroffene Berufsverband FPP reichte Klage gegen das Verbot ein, das „kontraproduktiv“ sei, da die Kunden dann eben im Internet oder im Ausland bestellen würden. „Das Problem der Dürre wird nicht durch das Verbot von privaten Schwimmbecken gelöst“, sagte die FPP-Generalsekretärin Joëlle Pulinx. „Deren Prinzip besteht darin, das Wasser mehrere Jahre lang zu behalten. Man entleert sie nie, das kann die Struktur in Gefahr bringen.“ Laut FPP sind die Pools nur für 0,15 Prozent des gesamten Wasserverbrauchs Frankreichs im Jahr verantwortlich.

Wie sollen die Kosten gestemmt werden?

Um zu zeigen, dass die Regierung nicht untätig bleibt, hat Premierministerin Élisabeth Borne kürzlich neue, ambitioniertere Klimaziele für 2030 angekündigt, darunter eine Reduzierung des CO₂-Ausstoßes um 50 statt bisher 40 Prozent gegenüber dem Jahr 1990. In den nächsten Monaten sollen konkrete Maßnahmen folgen. Auch startete eine Onlinebürgerbefragung, bei der die Bevölkerung sich mit konkreten Vorschlägen beteiligen kann.

Derweil läuft auch eine Diskussion darüber, wie die enormen Kosten gestemmt werden sollen, die unter anderem durch die Sanierung von Gebäuden, Investitionen in Unternehmen und in Infrastrukturen auf den ohnehin hoch verschuldeten französischen Staat zukommen. Ausgegangen wird von 250 bis 300 Milliarden Euro bis 2030 und ab dann weiteren 34 Milliarden Euro pro Jahr. Borne rief jedes Ministerium dazu auf, 5 Prozent des Budgets einzusparen, um die Klimamaßnahmen mitzufinanzieren.

Der Ökonom Jean Pisani-Ferry brachte eine temporäre Steuer für die Reichsten ins Gespräch. Doch Präsident Emmanuel Macron hat Steuererhöhungen grundsätzlich ausgeschlossen, während er einen Abbau des Schuldenbergs verspricht. Wie er die Quadratur des Kreises schaffen will, ist noch unklar.

Mehr aus Wissen

 
 
 
 
 
Anzeige
Anzeige

Letzte Meldungen

 
 
 
 
 
 
 
 
 

Spiele entdecken