Klimaschutz nach Corona: Was die Krise für den Kampf gegen den Klimawandel bedeutet

Wie beeinflusst die Corona-Krise den Kampf gegen den Klimawandel?

Wie beeinflusst die Corona-Krise den Kampf gegen den Klimawandel?

Endlich gute Nachrichten! Die Europäische Raumfahrtagentur meldete am Freitag, der Corona-Lockdown führe zu weniger Umweltverschmutzung in Europa. Neue Satellitendaten zeigen: Besonders über Großstädten wie Paris, Rom oder Madrid ist die Stickstoffdioxidkonzentration gesunken. Das Gas entsteht sonst bei der Verbrennung fossiler Stoffe wie Kohle und Öl etwa im Verkehr und bei der Produktion.

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Die Corona-Krise zwingt die Menschen, daheim zu bleiben. Sie fahren weniger mit dem Auto, reisen nicht in den Urlaub und treffen sich im Videomeeting statt persönlich. Große Unternehmen wie VW stellen die Produktion vorübergehend ein, Airlines lassen Flugzeuge am Boden. Und Venedig, die Stadt, die sonst unter den Touristenmassen ächzt, meldet gar: Plötzlich ist glasklares Wasser in den Kanälen. Der Gedanke mag tröstend sein: Wenn die Welt schon unter einer Pandemie leiden muss, dann ist sie danach wenigstens im Kampf gegen den Klimawandel einen Schritt weiter. Doch so einfach ist es leider nicht.

Deutschland könnte seine Klimaziele erreichen

Natürlich hat der Lockdown einen Einfluss auf den CO₂-Ausstoß. Bisher waren beispielsweise Experten nicht davon ausgegangen, dass Deutschland im Jahr 2020 seine Klimaziele erreichen könne. Neue Modelle des Thinktanks Agora Energiewende halten das jetzt wieder für möglich. Weniger Verkehr, weniger Stromverbrauch, Produktionsausfälle: Agora beziffert den “Corona-Effekt” für Deutschland je nach Verlauf der Krise auf 30 bis 100 Millionen Tonnen CO₂-Minderung.

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Doch in Jubel bricht deswegen niemand aus. “Zunächst einmal ist die Corona-Krise eine furchtbare Tragödie für die betroffenen Menschen, und natürlich ist sie für viele Unternehmen eine große Belastung”, sagt Gunnar Luderer vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung. “Aber auch dem Klimaschutz ist mit der Corona-Pandemie überhaupt nicht gedient, sie könnte sogar kontraproduktiv sein.” Das hat verschiedene Gründe.

“Dieser Effekt bringt uns kein Stück weiter”

So ist der kurzzeitige Rückgang der Emissionen nicht nachhaltig. Selbst wenn Deutschland seine Klimaziele auf diese Weise erreichen würde, sagt Luderer, sei das ein Muster ohne Wert. “Denn beim notwendigen Strukturwandel hin zu einer emissionsfreien Wirtschaft bringt uns dieser Effekt kein Stück weiter.”

Nach der Corona-Krise, wenn sich die Wirtschaft wieder erholt, werden auch die Emissionen wieder steigen, darin sind sich Experten einig. Doch die Krise bietet auch die Möglichkeit, gegenzusteuern.

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Schärft die Corona-Krise das Bewusstsein für die Umwelt?

Generell gebe es zwei mögliche gegenläufige Effekte, wie sich die Krise auf die Umweltpolitik auswirken könne, erklärt der Wirtschaftspsychologe Ulrich Schmidt vom Institut für Weltwirtschaft in Kiel. Zum einen könne die Krise das Bewusstsein für die Umwelt und globale Zusammenhänge schärfen. “Dies sollte dann zu einer strengeren Umweltpolitik führen.”

Doch wenn die wirtschaftlichen Auswirkungen sehr lange anhalten, zu hoher Arbeitslosigkeit und niedrigen Einkommen führen, dann passiert eher das Gegenteil. “Da Klimaschutz kostspielig ist und das Umweltbewusstsein mit sinkendem Einkommen zurückgeht, würde dieser Effekt eher zu einer weniger ambitionierten Umweltpolitik führen”, sagt Schmidt. Welches der beiden Szenarien eintreten werde, lasse sich derzeit noch nicht sagen.

Erste Forderungen werden jedoch bereits laut, die Bedrohung durch den Klimawandel angesichts der Bedrohung durch das Virus nicht zu vergessen oder sie gar gegeneinander auszuspielen.

Wird der erzwungene zum freiwilligen Lebenswandel?

“Dauerhafte CO₂-Einsparungen kriegt man nur durch Investitionen in CO₂-arme Technologien, nicht durch Wirtschaftskrisen”, sagt Patrick Graichen, Direktor von Agora Energiewende. Er fordert daher gerade jetzt Investitionen in klimaneutrale Technologien wie erneuerbare Energien oder Elektromobilität. Nach den nun beschlossenen Hilfsprogrammen sei der nächste Schritt in Form eines Wachstums- und Konjunkturprogramms entscheidend: “Dieses Programm wird dann vermutlich im Sommer oder Herbst entschieden – und das muss dann ein grünes Investitionsprogramm werden”, sagt Graichen.

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Und darüber hinaus? Kann der erzwungene Lebenswandel – weniger Reisen, weniger Fahren – zum freiwilligen werden? “Dazu haben wir keine Studien”, sagt Luderer, “aber meine Einschätzung ist, dass dies eine vorübergehende Sache ist.” Die Menschen würden nicht dauerhaft ihren Energieverbrauch oder ihr Reiseverhalten drosseln. Aber vielleicht merke ja doch der ein oder andere, dass zum Beispiel Heimarbeit überraschend gut funktionieren könne.

Parallelen zwischen Klimawandel und Corona-Krise

Vor allem aber können Politik und Gesellschaft aus den Parallelen zwischen der Corona- und der Klimakrise lernen. Beide zeigten, so Luderer: Probleme machen nicht an nationalen Grenzen halt, frühzeitiges Handeln ist nötig, die zeitliche Verzögerung zwischen Ursache und Wirkung muss beachtet werden und gute Politik braucht Wissenschaft. “Es ist zu hoffen, dass uns die Lehren aus der Corona-Krise auch für den Klimaschutz helfen – wenn wir die Pandemie hoffentlich in nicht allzu weiter Ferne gemeinsam bewältigt haben.”

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