Ausrotten für den Artenschutz: Neuseeland plant radikales Projekt
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Idyllisch: die Golden Bay, Rakiura.
© Quelle: Manaaki Whenua Landcare Research
Neuseeland. Rakiura ist ein kleines Paradies vor der neuseeländischen Küste. Die rund 180.000 Hektar teilen sich in Nationalparks, große Dünenlandschaften und unberührte Süßwassersysteme auf. Auf Rakiura leben zahlreiche gefährdete einheimische Arten, darunter viele der fast 170 einheimischen Vogelarten, aber auch Geckos und Fledermäuse.
Doch eingeschleppte Tiere wie Wildkatzen, Possums, Ratten oder Wiesel dezimieren die teilweise sensible, einheimische Flora und Fauna beträchtlich. Vor allem Ratten, die auf Schiffen bis in die letzten Winkel der Erde gelangten und sich ohne Fressfeinde meist rasant vermehrten, töteten unzählige endemische Tierarten, zerstörten Habitate und Futterquellen. Ganz besonders hat die neuseeländische Vogelwelt wie der flugunfähige Kiwi oder der schwere, ebenfalls flugunfähige Papagei Kākāpō unter den Raubtieren gelitten.
Jagd, Zäune, Fallen und Gift
Das neuseeländische Forschungsinstitut Manaaki Whenua Landcare Research hat deswegen nun eine Partnerschaft mit der Naturschutzgruppe von Rakiura/Stewart Island, Predator Free Rakiura, geschlossen. In einem Projekt, in das 2,8 Millionen Neuseeländische Dollar (rund 1,7 Millionen Euro) fließen, sollen über die kommenden vier Jahre eingeschleppte Räuber wie Possums, Ratten, Wildkatzen und Wiesel ausgerottet werden.
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Dabei sollen unterschiedliche Methoden zum Einsatz kommen: Neben der klassischen Jagd will man auf Zäune, Fallen und Gift setzen. „Welche Methode wir benutzen, wird von verschiedenen Aspekten abhängen, darunter, welches Ungeziefer wir ins Visier nehmen, die Anzahl der Tiere, die entfernt werden müssen, sowie die Art der Landschaft, aus der die Tiere entfernt werden müssen“, sagte der Leiter des Projekts, Campbell Leckie.
Neuseelands radikaler Artenschutz
Gleichzeitig soll während des Projekts in Forschungsprogrammen herausgefunden werden, wie sich Schädlinge vermehren und wie man sie am besten bekämpft. „Was wir hier lernen, wird dazu beitragen, den Weg dafür zu ebnen, das ganze Land von Raubtieren zu befreien“, hieß es in einer Erklärung vonseiten Manaaki Whenuam Landcare Research. In Neuseeland hegt man die Hoffnung, die meisten eingeschleppten Räuber, allen voran Ratten, bis 2050 ausgerottet zu haben.
Laut Leckie ist das derzeitige Projekt das weltweit größte seiner Art. Ähnliche Projekte gab es bisher auf der Insel Südgeorgien im Südatlantik, die mit etwa 350.000 Hektar zwar flächenmäßig größer ist als die neuseeländische Inseln, dafür aber kaum menschliche Bewohner und Bewohnerinnen hat, während auf Rakiura immerhin 400 Menschen leben. Auch in Australien versuchte man in den vergangenen Jahren, unerwünschten tierischen Einwanderern „auf die Pelle“ zu rücken: So wurden rund 300.000 Ratten auf der Insel Lord Howe getötet. Zuvor hatten die Nager die Tier- und Pflanzenwelt der Insel an den Rand des Kollapses gebracht. Vermutlich waren sie dort für das Aussterben von mindestens fünf Landvögeln, 13 wirbellosen Tieren und zwei Pflanzenarten verantwortlich.
Risiko eines „Rückfalls“ nicht unterschätzen
Die australische Umweltbehörde nahm im Kampf gegen die Nager sogar deutlich mehr Geld in die Hand als Neuseeland: 15 Millionen Australische Dollar (10 Millionen Euro) flossen in das Programm. 22.000 verschließbare Fallen mit Gift wurden letztendlich rund um die Insel platziert, und in schwer zugänglichen Bereichen der Insel verstreute man Giftköder vom Helikopter aus. Damit die bereits gefährdete Population der einheimischen flugunfähigen Woodhens, der sogenannten Waldrallen, das Gift nicht fressen konnte, siedelte man die Tiere vorübergehend in den Zoo in Sydney um.
Zunächst war die Aktion erfolgreich: Nach der Ausrottung der Ratten erlebte die einheimische Tier- und Pflanzenwelt eine geradezu erstaunliche Wiedergeburt. Doch Ende Oktober meldeten australische Medien dann, dass erneut rund 100 Ratten auf der Insel gesichtet wurden. Ob diese Überlebende waren oder erneut über Boote eingeschleppt wurden, konnte bisher nicht geklärt werden.
Die Neuseeländer und Neuseeländerinnen wollen sich von dieser Hiobsbotschaft aus der Nachbarschaft jedoch nicht verunsichern lassen. Das Risiko einer Rückkehr der eingeschleppten Tiere bestehe immer, meinte Leckie. Deswegen sei es wichtig, das Thema Biosicherheit gut zu managen und die Lage auch nach Abschluss des Programms weiter zu überwachen.
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