Nordamerika ächzt unter einer „Hitzekuppel“: So entsteht das Wetterphänomen

Im Westen Kanadas, in Lytton, ist die höchste Temperatur in der Geschichte des Landes gemessen worden: 47,9 Grad. Schuld ist eine Hitzekuppel.

Im Westen Kanadas, in Lytton, ist die höchste Temperatur in der Geschichte des Landes gemessen worden: 47,9 Grad. Schuld ist eine Hitzekuppel.

Hannover. Kanada und Teile der USA ächzen derzeit unter einer Hitzewelle. Im Westen Kanadas, in Lytton, ist die höchste Temperatur in der Geschichte des Landes gemessen worden: 47,9 Grad. In Portland in Oregon wurden am Montag 46,6 Grad gemessen, in Seattle waren es 42 Grad, doppelt so hoch wie die Durchschnittstemperatur im Juni, wie die Behörden mitteilten.

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Für diese extremen Hitzewellen ist ein sogenannter „Heat Dome“, eine Hitzekuppel verantwortlich. Dabei wirkt die Hochdruckzirkulation in der Atmosphäre wie eine Kuppel, die die brütende Hitze wortwörtlich einfängt.

Die Hauptursache für Hitzekuppeln ist eine starke Veränderung der Ozeantemperaturen im tropischen Pazifik im vorangegangenen Winter, erklärt der National Ocean Service der US-Regierung (NOAA). Für die Entstehung einer Hitzekuppel spielten demnach die starken atmosphärischen Hochdruckbedingungen, die auf Einflüsse von La Niña (ein natürlich vorkommendes kühlendes Wetterphänomen) treffen, eine Rolle.

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Jetstream wird angetrieben

Während La Niña (das Gegenstück zu El-Niño) seien die Passatwinde (ein mäßig starker, sehr beständiger Wind, der in den Tropen, beziehungsweise Subtropen auftritt) noch stärker als gewöhnlich, wodurch sie mehr warmes Wasser in Richtung Asien treiben. Vor der Westküste der USA nehme der Auftrieb zu und bringe kaltes Wasser an die Oberfläche.

Dieses kalte Wasser im Pazifik treibe den Jetstream (ein sehr starker Wind in etwa zehn Kilometer Höhe) nach Norden an. Wenn die vorherrschenden Winde die heiße Luft aber nach Osten bewegten, fangen die Nordverschiebungen des Jetstreams die Luft ein und bewegen sie in Richtung Land, wo sie sinkt, was zu Hitzewellen führe, erklären die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler.

Warten auf Regen

Wenn der Jetstream sehr wellig und langgestreckt wird, könnten Drucksysteme an Stellen zum Stillstand kommen oder „stecken bleiben“, an denen sie normalerweise nicht sind − so wie jetzt über Kanada und dem Norden der USA. Bereiche mit hohem Druck, wie Wärmekuppeln, beinhalten absinkende Luft. Dadurch werde die Luft am Boden komprimiert, durch diese Kompression erwärmt sich die Luft − auf teils sehr hohe Temperaturen, wie aktuell zu beobachten ist.

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Die Hitzewelle und die Hitzekuppel bleiben bestehen, bis das Hochdrucksystem zusammenbricht. In den geplagten Städten muss es also zu Niederschlägen komme. Dies kann von heftigen Gewittern begleitet werden, da heiße und kühle Luft aufeinanderprallen.

Klimawandel trägt zu Extremereignis bei

Bildlich erklären die NOAA-Expertinnen und Experten das Phänomen folgendermaßen: Wenn in einem Schwimmbad die Heizung eingeschaltet ist, steigen die Temperaturen in den Bereichen um die Heizungsdüsen schnell an, während der Rest des Pools länger braucht, um sich aufzuwärmen.

„Wenn man sich den Pazifik als einen sehr großen Pool vorstellt, sind die Temperaturen des Westpazifik in den letzten Jahrzehnten im Vergleich zum Ostpazifik gestiegen, wodurch im Winter ein starker Temperaturgradient, oder Druckunterschiede über den gesamten Ozean entstanden sind, die den Wind antreiben.“

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Die Druckunterschiede seien laut Studien aufgrund der globalen Erwärmung entstanden, „was auf das zukünftige Potenzial immer häufigerer Hitzewellen hindeutet“, so die NOAA-Forschenden.

Durchhalten – teils ohne Strom

In Portland, wo am am Montag 46,6 Grad Celsius gemessen wurden, fuhren Straßen- und S-Bahnen nicht mehr, weil die Stromleitungen zu schmelzen begannen. Auf zahlreichen Straßen begann sich der Asphalt in der Hitze zu wölben oder zu lösen. Schulen und Geschäfte schlossen, selbst manche Bäder und Eisdielen machten dicht. Impf- und Testzentren für Corona stellten den Betrieb ein.

Auch in Seattle (42 Grad Celsius am Montag) sind die Auswirkungen der Rekordhitze drastisch. Denn der Juni gilt in der Gegend normalerweise als kühl und regnerisch. Die Durchschnittstemperatur in Seattle liegt im Juni bei 21 Grad. Nach Behördenangaben verfügt weniger als die Hälfte der Einwohner über eine Klimaanlage zu Hause. Wer doch eine besitzt, nutzte sie ausgiebig. Andere griffen auf Ventilatoren zurück.

Der erhöhte Energieverbrauch überlastete jedoch vielerorts das Leitungsnetz und führte zu Stromausfällen. In Seattle mussten Tankwagen Zugbrücken mindestens zweimal täglich mit Wasser kühlen, damit diese in der Hitze funktionstüchtig blieben.

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Auch in Deutschland wird es extrem

Hitzesommer sind in Deutschland längst keine Seltenheit mehr. Es werde bestimmt nicht die letzte Hitzewelle dieses Jahr gewesen sein, sagte Hattermann, Experte für Klimarisiken am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung, vor Kurzem im Inforadio des rbb. „Wir sind mitten im Klimawandel.“ In Deutschland sei es 1,6 Grad wärmer geworden, dadurch steige auch die Wahrscheinlichkeit für extrem heiße Tage.

mit dpa/AP

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