Tiere und Pflanzen gefährdet

Was droht, wenn ein Fluss austrocknet – und kann er sich erholen?

Der Rhein bei extremem Niedrigwasser, bei Bad Honnef Rhöndorf.

Der Rhein bei extremem Niedrigwasser, bei Bad Honnef Rhöndorf.

Welche Folgen hat es für Tiere und andere Lebewesen, wenn Flüsse austrocknen oder weniger Wasser führen? Normalerweise kann das Ökosystem eines Flusses auch längere Trocken­perioden gut überstehen. Doch das gilt nur, wenn sich ein Gewässer noch in seinem naturbelassenen Zustand befindet, sagen Experten. Und das ist bei den wenigsten Flüssen und Bächen heute noch der Fall. Durch menschliche Einflüsse wie Bauwerke und Umwelt­verschmutzung werden Gewässer als Lebens­gemeinschaften weniger widerstandsfähig.

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„Über 90 Prozent der Flüsse in Deutschland sind durch den Menschen überformt“, sagt Peter Haase, Experte für Fluss- und Auenökologie bei der Senckenberg-Gesellschaft für Naturforschung. Die geringen Wasserstände hätten daher zwei Gründe: Einer sei die Wetterlage mit Hitze und Trockenheit.

Der andere Grund sei, dass die meisten Flüsse von ihren Auen abgetrennt wurden, von flachen Wiesen, die früher die Ufer umsäumten und Flusswasser speichern können. „Wenn Flüsse auf natürliche Weise in Verbindung mit Auen stehen, kann ein niedriger Pegel durch Wasser aus den Auen ausgeglichen werden. Umgekehrt beugen Auen auch Über­schwemmungen vor, weil sie überschüssiges Wasser bei Hochwasser aufnehmen können“, sagt der Experte.

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Ohne die Auen als natürlichen „Puffer“ drohen bei Hitze viel schneller niedrige Pegelstände, erklärt Haase. Durch das fehlende Wasser verkleinert sich nicht nur der Lebensraum für Tiere und Pflanzen: Wenn sie die Wassermenge in einem Fluss deutlich verringert, sind Schadstoffe im verbleibenden Wasser dadurch stärker konzentriert. „Das bedeutet für die Lebewesen im Wasser hohen Stress und eine starke Belastung“, sagt Haase.

Zudem erhitzt sich das Wasser bei niedrigen Pegelständen noch schneller und dadurch sinkt der Sauer­stoff­gehalt im Wasser. Empfindliche Arten wie etwa Köcherfliegen, die Forelle oder auch Aale könnten in der Folge sterben. Aber können sich Gewässer und ihr Ökosystem auch wieder erholen, wenn eine Trocken­periode vorbei ist? „Der Wasserpegel füllt sich bei mehr Niederschlag auch wieder auf“, sagt Haase. Wobei durch die vielen trockenen Sommer seit Langem der Grund­wasser­spiegel sinke, es also insgesamt trockener werde. Die Trockenheit sei aber nur eines von mehreren Problemen, wenn es um die Ökosysteme deutscher Gewässer gehe.

Dazu komme die Verunreinigung durch Dünger und Pestizide aus der Landwirtschaft und das Abwasser aus privaten Haushalten. Dieses werde in Kläranlagen nur unzureichend aufbereitet, bevor es in Gewässer geleitet werde. „Nur wenige Anlagen verfügen über die Reinigungsstufe vier, die Medikamenten­rück­stände und Chemikalien aus Kosmetik und Körper­pflege­produkten filtern kann“, sagt Haase. Dabei sei diese gar nicht mal besonders teuer. Und wenn sich die Flüsse erholen sollen, müsse auch die Belastung durch all diese Stoffe verringert werden.

Umwelt­verschmutzung ist das größere Problem

Henry Tünte ist stellvertretender Sprecher des Bundes­arbeits­kreises Wasser bei der Natur­schutz­organisation BUND. Er selbst lebt im Münsterland, man könne dort sehen, dass viele Nebengewässer und Bäche derzeit sehr trocken seien und kaum noch Wasser führten, sagt Tünte. Lebewesen, die auf das Wasser angewiesen sind, würden bereits sterben, wenn nur ein Teil des Flussbetts ausgetrocknet ist.

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Folgt nach einer längeren Trockenperiode wieder ein höherer Wasserstand, könne ein Gewässer auch wieder neu von Lebewesen besiedelt werden. „Solange es in der Umgebung noch andere, besiedelte Gewässer gibt, können diese neu einwandern“, sagt Tünte. „In jedem Fall dauert es aber, bis sich alles regeneriert.“

Für Pflanzen gelte: Einige könnten auch Trockenperioden gut überstehen. „Pflanzen, die komplett unter Wasser wachsen, sterben jedoch vollständig ab, wenn sie Luft und Wärme ausgesetzt sind. Die kommen dann so schnell nicht wieder“, sagt Tünte. Ähnlich sei es bei Tieren. Während sich zum Beispiel Mücken schnellstens wieder ansiedeln können, sobald das Wasser zurückkehrt, gelte das nicht für andere, ohnehin schon seltene Insektenarten, bestimmte Muscheln oder Schnecken: „Manche Arten sind auf ihre spezielle enge ökologische Nische angewiesen. Die bekommen dann ganz große Probleme.“

Je natürlicher, desto besser

Auch Tünte sagt: „Je naturbelassener ein Gewässer ist, desto besser kommt auch sein Ökosystem mit Trockenheit und Hitze zurecht.“ Gewässer im natürlichen Zustand seien zum Beispiel beschattet. Die Temperatur steige dann nicht so schnell an. Heute fehlten nicht nur Auen, in denen Wasser gespeichert werden kann.

Auch würden viele Flüsse durch Staudämme und kleinere, kaum effiziente Wasserkraftwerke unterbrochen und an den Ufern gebe es nicht genug Bäume: Durch das Stauen des Wassers und die fehlende Bepflanzung erwärmten sich Flüsse schneller, wodurch Wasser verdunsten kann. Die Probleme verschärften sich noch, wenn durch die Landwirtschaft und private Haushalte zu viel Wasser aus den Kreisläufen entnommen werde.

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Durch Maßnahmen wie zum Beispiel die richtige Bepflanzung in Ufernähe, Auen und eine bessere Kontrolle der Wasserentnahme ließe sich Wasser länger in der Landschaften halten, sagt Tünte. Hitze und Trockenheit würde dann den Gewässern und ihrem Ökosystem weniger schaden. Hier müsse die Politik handeln: Er verweist auf die Europäische Wasser­rahmen­richtlinie, die schon 2000 beschlossen wurde, aber nicht wirklich umgesetzt wurde. „Es passiert leider immer noch viel zu wenig“, sagt Tünte.

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