Krankenkassen

Aufsichtsbehörde mahnt die KKH ab

Die Diagnosen der Ärzte entscheiden mit darüber, wie viel Geld eine Krankenkasse für den Versicherten aus dem Gesundheitsfonds bekommt.

Die Diagnosen der Ärzte entscheiden mit darüber, wie viel Geld eine Krankenkasse für den Versicherten aus dem Gesundheitsfonds bekommt.

Hannover. Das Bundesversicherungsamt geht gegen Krankenkassen vor, die mit der Hilfe von Ärzten an mehr Geld aus dem Gesundheitsfonds kommen wollen. Die Behörde hat mehrere Betriebskrankenkassen und die Kaufmännische Krankenkasse (KKH) in Hannover abgemahnt, weil sie Praxen auf eigene Kosten Software-Programme zur Verfügung gestellt haben, die medizinische Diagnosen zu ihrem Vorteil erleichtern. „Einigen Krankenkassen scheint das Bewusstsein zu fehlen, dass sie als öffentlich rechtliche Körperschaften in einem Solidarsystem agieren“, sagte BVA-Präsident Frank Plate.

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Seit 2009 fließen alle Beiträge und die Zuschüsse aus dem Bundeshaushalt in den sogenannten Gesundheitsfonds: Daraus erhalten die Krankenkassen Pauschalen für jeden Versicherten – mit Zu- und Abschlägen abhängig vom Gesundheitszustand. Die Grundlage für diesen „morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleich“ bildet ein Katalog von 80 Krankheiten. Mit ihren Diagnosen entscheiden die Ärzte somit auch darüber, ob die Kassen für einen Patienten mehr oder weniger Geld aus dem Gesundheitsfonds bekommen.

Vor diesem Hintergrund haben die Krankenkassen in der Vergangenheit vielfach versucht, die Mediziner zum „richtigen“ Kodieren zu bewegen – über Extrahonorare, Praxisberater und entsprechende Abrechnungssoftware. Dieser gängigen Praxis hat der Gesetzgeber vor knapp einem Jahr einen Riegel vorgeschoben: Seither sind etwa Vergütungspauschalen für Ärzte unzulässig, die sich nach der Anzahl der dokumentierten Diagnosen richten.  Zudem dürfen die Kassen keine Software mehr finanzieren, die Vorschläge für aus ihrer Sicht lukrative Kodierungen macht.

Die KKH hat sich nach eigener Einschätzung an die neue Rechtslage gehalten. Bei der beanstandeten Software handele es sich um ein Modul, „das als eine Art Lexikon im Bereich von Erkrankungen zur Unterstützung des Arztes fungiert“, teilte die Kasse am Montag mit. Es gehe nicht darum, Diagnosen zu beeinflussen. Bisher habe das Bundesversicherungsamt die Software toleriert. „Wenn die Aufsichtsbehörden jetzt auf einheitliche Kodierrichtlinien hinarbeiten, begrüßen wir das“, sagte eine KKH-Sprecherin.

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Wegen der bisher unterschiedlich strengen Interpretation der Rechtslage durch das Bundesversicherungsamt und die Behörden der Länder sehen sich insbesondere die Ersatzkassen benachteiligt. Ihrer Ansicht nach bekommt das AOK-Lager mehr Geld aus dem Gesundheitsfonds, als für die Versorgung von deren Versicherten nötig ist, weil sie – dank der laxeren Aufsicht der für sie zuständigen Länder – weiterhin die Diagnosen der Ärzte beeinflussen könnten.

Diesen Verdacht weisen die Ortskrankenkassen von sich. „Wir verstehen nicht, dass Ärzten unterstellt wird, sie würden ihre Patienten kränker machen als sie sind“, sagte der Vorstandschef der AOK Niedersachsen, Jürgen Peter.  Das sei eine Diskreditierung eines ganzen Berufsstandes. „Dass einige Ersatzkassen eine finanzielle Schlagseite haben, ist auch auf Defizite im Managementbereich zurückzuführen“, sagte Peter.

Von Jens Heitmann

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