Bundesbank-Vorstand Thiele warnt vor Risiken
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/67O4EISWOVOXSYGSOWZ3EX5DR4.jpg)
Carl-Ludwig Thiele glaubt nicht, dass die Probleme der Euro-Zone gelöst sind.
© Quelle: Fender
Hannover. Die Schuldenkrise der Euro-Zone scheint überwunden, aber die Deutsche Bundesbank warnt vor Fehleinschätzungen. „Die Europäische Währungsunion ist weiterhin verwundbar“, warnte Bundesbank-Vorstand Carl-Ludwig Thiele am Montag in Hannover. Deshalb müsse man weiter daran arbeiten, sie stabiler zu machen.
Anlässlich des traditionellen Jahresempfanges der hiesigen Bundesbank-Hauptverwaltung wies Thiele vor Vertretern der niedersächsischen Kreditwirtschaft darauf hin, dass in den zurückliegenden Krisenjahren die gemeinschaftliche Haftung für Fehlentwicklungen in den Mitgliedsländern stark ausgeweitet wurde. Dagegen seien die Kontrollmöglichkeiten nicht entsprechend verstärkt worden. „Verantwortungsvolle Entscheidungen werden aber nur dann getroffen, wenn derjenige, der entscheidet, auch für die Folgen einzustehen hat.“
Um dies Problem zu entschärfen, könnte man im Rahmen einer Fiskalunion mehr Macht auf Europa übertragen. Davon hält Thiele jedoch nicht viel. Die Europäische Union könne die Nationalstaaten nicht ersetzen. „Gute Europäer sind wir nicht erst dann, wenn alle Kompetenz in Brüssel liegen.“
Von einem Europäischen Stabilisierungsfonds, wie ihn die Europäische Kommission vorgeschlagen hat, ist der Bundesbank-Vorstand ebenfalls wenig begeistert. Das könnte den Anreiz der nationalen Regierungen schwächen, selbst für solide Finanzen zu sorgen. Zudem dürfte ein solcher Finanztopf dazu führen, „dass ständig neue Ideen geboren werden, wie das vorhandene Geld ausgegeben werden kann“.
Stattdessen sprach sich der Bundesbank-Vorstand dafür aus, die Fiskalregeln zu stärken, die sich die Euro-Länder gegeben hatten, um die Verschuldung zu begrenzen. Sinnvoll ist nach Ansicht von Thiele eine unabhängige europäische Institution für die Überwachung der Staatshaushalte. Außerdem sollte die Vorzugsbehandlung der Staatsanleihen bei der Bankenregulierung beendet werden. Bisher müssen Kreditinstitute die Ausleihungen an Staaten – anders als Kredite für Privatpersonen und Unternehmen – nicht mit Eigenkapital unterlegen und dafür auch keine Grenzen beachten.
An die Probleme der hiesigen Banken und Sparkassen erinnerte Tim Nesemann, Präsident des Verbands der Deutschen Freien öffentlichen Sparkassen. Gerade die kleineren Institute hätten mit immer mehr Auflagen und Bürokratie durch die Bankenregulierung zu kämpfen. Zudem führten die vielen Vorschriften zum Verbraucherschutz dazu, dass die Kunden mit Papier und Informationen überflutet würden. Das helfe ihnen nicht weiter. Vielmehr würden dadurch gerade Menschen abgeschreckt, die die persönliche Beratung besonders benötigen. Diese bleibe trotz Digitalisierung ein „fundamentales Bedürfnis“. Deshalb sollte man dafür die Hürden senken, forderte Nesemann.
Von Albrecht Scheuermann