Eine Branche als Seismograph
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Die Stahlhersteller fordern Hilfe von der Politik.
© Quelle: dpa
Hannover. Die Stahlindustrie gilt als zyklische Branche – nur Gipfeltreffen scheinen dort immer Konjunktur zu haben. Bereits zum dritten Mal innerhalb von zwei Jahren sind prominente Vertreter von Stahl-Unternehmen, Gewerkschaft und Politik in Niedersachsen zusammengekommen, um sich der Sorgen und Nöte eines vergleichsweise kleinen Industriezweiges anzunehmen. Im Oktober ist sogar ein nationaler Stahlgipfel im Saarland geplant.
Solche Anstrengungen spiegeln nicht nur die gute Lobbyarbeit der Verbandsvertreter wider – sie sind auch ein Beleg für die Bedeutung der Branche für die Wirtschaft insgesamt. Wichtiger als etwa der Anteil an der Beschäftigung ist ihre Position im Verhältnis zu anderen Industrien: Hochöfen und Walzstraßen sind die Voraussetzung dafür, dass Maschinenbauer oder Autoproduzenten ihrer Arbeit nachgehen können. In dem Beziehungsgeflecht, aus dem die deutsche Wirtschaft einen großen Teil ihrer internationalen Wettbewerbsfähigkeit zieht, ist die Stahlbranche somit ein wichtiger Teil.
Zugleich wirkt sie wie ein Seismograf: Als die Landesregierung Anfang 2016 zum ersten Gipfel nach Hannover lud, hatten die Hersteller bereits mit Billigimporten aus China zu kämpfen, beim zweiten Treffen Mitte vergangenen Jahres dräute bereits der Zollstreit mit den USA – jetzt werden die Konsequenzen aus der Verschärfung des Emissionshandels offenbar. Auch andere Branchen und die privaten Haushalte werden unter steigenden Strompreisen leiden – die Stahlhersteller spüren diese Belastungen schon länger und schlagen entsprechend früher Alarm.
Von Jens Heitmann