Paypal-Konkurrent Paydirekt wird kaum genutzt
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/CVJACBD3ZKOS6SHINPUXKZAXGU.jpg)
paydirekt wirbt mit der großen Datensicherheit, aber viele Kunden scheint das nicht zu interessieren.
© Quelle: Archiv
Hannover. Der deutsche Paypal-Konkurrent Paydirekt gewinnt viele neue Händler und Kunden, aber tatsächlich genutzt wird das Online-Zahlungssystem bisher fast gar nicht. Das Gemeinschaftsunternehmen der deutschen Sparkassen und Banken soll jetzt noch mal eine dicke Geldspritze bekommen. Manche Insider aus dem Kreditgewerbe halten das jedoch für herausgeworfenes Geld. Die Chancen, dass Paydirekt noch ein Erfolg wird, seien zu gering.
Die pessimistischen Töne passen nicht zu den offiziellen Äußerungen. So berichtete Paydirekt kürzlich über große Erfolge bei der Händlergewinnung. Unter anderem hätten sich im vergangenen Jahr weitere bekannte Namen wie Otto, Rossmann, fahrrad.de, poster XXL, das Versandhaus Bader oder Walbusch angeschlossen. Demnächst kämen die Weltbild-Gruppe sowie mobilcom-debitel hinzu. Die Zahl der Online-Shops, die ihren Kunden Paydirekt anbieten, habe sich verdreifacht. Auch immer mehr öffentliche Verwaltungen und Institutionen setzen demnach auf Paydirekt – darunter zum Beispiel die Stadt Sehnde.
Die Verdoppelung der Kundenzahl auf nun 1,7 Millionen klingt ebenfalls zunächst eindrucksvoll. Eigentlich sollte das im Jahr 2015 gestartete System jetzt schon 7 Millionen Kunden haben, die sich bei ihrer Bank oder Sparkasse dafür registriert haben. Noch viel dramatischer sieht der bisherige Misserfolg jedoch aus, wenn man die tatsächliche Nutzung des Zahlverfahrens betrachtet, die allein über den wirtschaftlichen Erfolg entscheidet. Bei einer großen norddeutschen Sparkasse hieß es, dass im vergangenen Jahr gerade einmal rund 100.000 Euro Umsätze mit Paydirekt verbucht wurden. Gemessen an der Zahl der Kunden sei das „praktisch nichts“. Entsprechend minimal seien die Einnahmen, da die Gebühren am Umsatz hängen. Es habe sich nichts geändert, erklärte der Manager, der nicht genannt werden will. „Da wird ein totes Pferd geritten.“ Zahlen zum gesamten Transaktionsvolumen sind jedoch offenbar Verschlusssache. „Hierzu kann ich Ihnen keine Angabe machen“, teilte Paydirekt mit.
Alle Beteiligten räumen ein, dass Paydirekt vor allem an einem Geburtsfehler krankt: Es ist viel zu spät in Betrieb gegangen, so dass andere Anbieter eine enormen zeitlichen Vorsprung haben. Paypal hatte schon zehn Jahre vorher begonnen, in Deutschland Fuß zu fassen. Heute kommen die Amerikaner hier nach eigenen Angaben auf rund 19 Millionen Nutzer – es steht damit unter den Internet-Zahlungsplattformen auf Platz eins.
Paydirekt wirbt unter anderem mit einem Vorteil, der das deutsche System von der Konkurrenz unterscheidet: Die Kundendaten bei der Bank bleiben geschützt, da sie an keinen zwischengeschalteten Dienstleister weitergegeben werden. „Das Dumme ist nur, dass das keinen Kunden interessiert“, erklärte der Sparkassenmanager.
Trotz der schwachen Entwicklung wollen die Geldhäuser das deutsche Produkt jedoch nicht aufgeben. In einem schon weitgehend verteilten Markt Anteile zu gewinne, dauere eben seine Zeit, heißt es. Die Sparkassen haben sich daher bereit erklärt, nochmals gut 100 Millionen Euro einzuschießen, soweit sich die Genossenschaftsbanken und Privatbanken entsprechend beteiligen. Benötigt wird das Geld vor allem für die Gewinnung weiterer Händler. Sie bekommen Zuschüsse, wenn sie Paydirekt in ihr Angebot integrieren. So soll allein Otto.de, nach Amazon hierzulande der umsatzstärkste Onlinehändler, mehr als 10 Millionen Euro kassiert haben.
Auch neue personelle Weichenstellungen sollen paydirekt jetz endlich zum Durchbruch verhelfen. Mitte Dezember wurde Christian von Hammel-Bonten zum Chef ernannt, der über langjährige Erfahrungen auf dem Gebiet des elektronischen Zahlungsverkehrs verfügt, unter anderem bei Wirecard sowie Clickandbuy.
Kommentar: Paydirekt zahlt den Preis der Bräsigkeit
Paydirekt fristet nach wie vor ein kümmerliches Dasein, auch wenn die jetzt präsentierten neuen Zahlen das Gegenteil suggerieren. Gemessen an dem großen US-Konkurrenten Paypal ist und bleibt der deutsche Anbieter ein Zwerg, meint HAZ-Redakteur Albrecht Scheuermann.
Von Albrecht Scheuermann