Moia-Chef im Interview  

„Wir wollen keine Taxis ersetzen“

„Wir sollen eine tragende Säule für Volkswagen werden“: Moia-Manager Robert Henrich

„Wir sollen eine tragende Säule für Volkswagen werden“: Moia-Manager Robert Henrich

Herr Henrich, die Taxiunternehmer laufen Sturm gegen Moia. Wie sollen sie noch Fahrgäste finden, falls über 200 Moia-Fahrzeuge durch die Stadt fahren, die deutlich günstiger sind?

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Wir wollen keine Taxis ersetzen. Wenn man in Eile ist, nimmt man ein Taxi. Wenn man besonders günstig unterwegs sein will, den ÖPNV. Und wir liegen dazwischen. Ich bin überzeugt und die Erfahrung zeigt, am Ende profitieren alle, wenn wir gemeinsam das Angebot in der Stadt verbessern und dadurch den Menschen die Möglichkeit geben, ihr eigenes Auto stehenzulassen. Ein Kleinkrieg zwischen den Mobilitätsanbietern einer Stadt zementiert letztlich nur den Status Quo.

Moia ist aber nicht irgendein Start-up, sondern Teil des Milliardenkonzerns VW. Wenn dieser die Moia-Preise subventioniert, wie fair ist dann noch der Wettbewerb? 

VW subventioniert nicht den Endkundenpreis. Es ist vollkommen normal, dass neue Geschäftsmodelle in der Anfangsphase Verlust machen. Es müssen Mitarbeiter eingestellt werden, die Software muss entwickelt werden und wir benötigen ein Fahrzeug für den Dienst. Das alles kostet zunächst Geld. Unser Anspruch ist es, ein großes, wirtschaftlich tragfähiges Geschäftsmodell auf die Beine zu stellen, zum Wohle der Menschen und zum Wohle der Städte.

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Was genau hat denn Hannover von Moia? 

Unser Ziel ist es, dass die Hannoveraner vom eigenen Fahrzeug auf nachhaltigere Verkehrsträger umsteigen und so der öffentliche Raum effizienter als derzeit genutzt wird. Das reduziert Emissionen, Lärm und schafft Platz. Unsere Fahrzeuge befördern mit einer Fahrt mehrere Kunden. Und sie reihen die Fahrten sinnvoll aneinander. Wir nennen das Pooling und Chaining. Die Auslastung ist so viel höher als beim individuellen Transport. Außerdem unternehmen wir riesige Anstrengungen, um die Elektromobilität nach vorne zu bringen. Die Städte haben daran ein riesiges Interesse, weil das bei der Luftreinhaltung hilft.

Warum starten Sie dann in Hannover nicht gleich mit E-Autos, wie in Hamburg? Das wundert auch die Grünen im Stadtrat. 

Mit Hamburg hat Volkswagen schon früh eine Vereinbarung über eine elektrische Fahrzeugflotte geschlossen, als Teil der Bewerbung der Stadt für den Mobilitätskongress ITS 2021. Leider ist das elektrische Moia-Fahrzeug noch nicht in ausreichender Stückzahl verfügbar, um es von Anfang an auch in Hannover einsetzen können. Aber wir wollen auch hier Schritt für Schritt von Benzin auf E-Antrieb umstellen.

Und warum reichen die 30 Fahrzeuge, die sie aktuell haben, dafür nicht aus? 

Pooling ist ein Geschäftsmodell der großen Zahlen. Der Erfolg beim Kunden kommt mit der Verfügbarkeit von Fahrzeugen und es funktioniert nur effizient, wenn viele Fahrzeuge auf der Straße sind und viele Kunden fahren wollen. Dann kann man die Fahrtwünsche gut kombinieren. Das Fahrzeug ist schneller da, die Umwege werden kleiner. Bei 30 Fahrzeugen haben wir bei 40 Prozent der Fahrten mehr als einen Fahrgast. Dieser Anteil erhöht sich mit steigender Fahrzeug- und Kundenzahl.

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Selbst, wenn Sie es schaffen, die Fahrten zu teilen: Kann Moia wirklich profitabel arbeiten? Schließlich bezahlen Sie die Fahrer besser als zum Beispiel Uber. Und nicht mal Uber verdient Geld.

Sie haben recht, dass Unternehmen wie Uber im Ausland in den meisten Städten kein Geld verdienen. Allerdings sehen wir dort einen Unterbietungswettbewerb zwischen den diversen Anbietern. Wenn man eine Fahrt für 3 bis 5 Dollar anbietet, kann man kein Geld verdienen. Wir können und werden keine Fahrt für 3 Euro anbieten. Unsere Berechnungen zeigen, dass der Preis am Ende im Durchschnitt ungefähr in der Mitte zwischen ÖPNV und Taxi liegen könnte.

Ist der Kunde wirklich bereit, das zu zahlen? Mit dem ÖPNV kommt man auch schnell ans Ziel. 

Der ÖPNV ist stark, trotzdem hat er nur einen Marktanteil von ungefähr 20 Prozent in deutschen Städten. Immer noch wird die Mehrzahl der Strecken mit dem eigenen Auto zurückgelegt, sogar mit großem Abstand und das trotz gut ausgebautem ÖPNV und den bestehenden Angeboten wie Taxi, Carsharing oder Bikesharing. Unsere Einschätzung ist aber, dass viele Menschen das gar nicht mehr wollen. Dass sie es zum Beispiel als Belastung empfinden, keinen Parkplatz zu finden. Diesen Menschen machen wir ein attraktives Angebot.

Haben Sie Belege dafür, dass Fahrdienste wie Moia die Privatauto-Nutzung reduzieren – und nicht etwa dem ÖPNV Konkurrenz machen?

Zum Ride-Pooling gibt es noch keine Studien. Aber wir werden den Städten detaillierte Daten liefern, wie und von wem unser Angebot genutzt wird. Das ermöglicht eine neutrale Begleitforschung zu den tatsächlichen Effekten auf den Verkehr.

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Manch ein VW-Mitarbeiter hält Moia für ein „Spielprojekt", das wieder eingestampft wird, wie das Carsharing-Angebot Quicar. Was sagen sie dazu? 

Wenn etwas Neues entsteht, gibt es immer Leute, die nicht daran glauben. Das ist ganz normal und natürlich. Ich habe aber keine Zweifel, dass die neuen Konzepte sich durchsetzen, und zwar im großen Maßstab. Wir sind kein Versuchslabor. Es gibt einen ganz klaren Konzernauftrag, ein erfolgreiches und operatives Unternehmen aufzubauen. Moia soll perspektivisch eine tragende Säule für den Konzern werden.

Zur Person

Der Sozialwissenschaftler Robert Henrich (49) hat für Daimler das Carsharing-Angebot Car2Go aufgebaut und in 30 Länder gebracht. Seit Januar 2017 steuert er als Chief Operating Officer die Volkswagen-Tochter Moia, zusammen mit CEO Ole Harms. Moia testet in Hannover einen Fahrdienst mit 30 Sammeltaxis. Falls die Stadt zustimmt, soll die Flotte auf bis zu 250 Fahrzeuge wachsen. In Hamburg steht Moia ebenfalls in den Startlöchern. „Der Straßenverkehr ist gefährlich, es stinkt und es ist laut. Wir müssen all das ändern!“, meint Henrich.

Von Christian Wölbert

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