Vom Helfen und Retten: Wie wir unseren Liebsten richtig zuhören

Partnern fällt es oft schwer, die Probleme auch mal aus der Sicht des anderen zu betrachten.

Partnern fällt es oft schwer, die Probleme auch mal aus der Sicht des anderen zu betrachten.

Viele meiner Klienten in der Paartherapie haben neben den eigenen Eheproblemen auch viele gut gemeinte Ratschläge ihrer Freunde und Bekannten im Gepäck. Unsicher ob deren Tauglichkeit, bitten Sie mich um meine Einschätzung. Hier einige Klassiker: “Vielleicht solltet ihr euch trennen”, “ich würde ihr mal ordentlich die Meinung sagen”, “du musst strengere Regeln für ihn aufstellen” et cetera. Die Liste dieser Tipps ist beliebig fortführbar. Inzwischen begegne ich diesen mit einem sanften Lächeln.

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Nicht immer nur eine Sicht bewerten

Wir Menschen tendieren dazu, alles immer nur aus unserer Sicht zu sehen und eine Situation oder das Verhalten einer Person oder eines Paares aus ebendieser zu bewerten. Doch wir dürfen nicht vergessen, dass wir immer nur einen Teil einer Person oder eines Paares kennen. Weder die Beziehungsdynamik noch die Konversationen hinter verschlossenen Türen sind uns bekannt. Und dennoch denken wir, adäquate Hilfe leisten zu können. Dagegen spricht generell auch nichts. Trotzdem sollten wir es mit Vorsicht und Achtsamkeit tun!

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Christian Hemschemeier ist Paartherapeut in Hamburg und Experte in Sachen Dating, Partnerschaft und Liebe.

Christian Hemschemeier ist Paartherapeut in Hamburg und Experte in Sachen Dating, Partnerschaft und Liebe.

Der Unterschied zwischen helfen und retten

Immer wieder beobachte ich, wie Menschen versuchen, ihre Freunde oder Bekannten zu “retten”, Stichwort Helfersyndrom. Das beschränkt sich nicht ausschließlich auf das Thema Beziehung. Gebiete wie die Arbeitsstelle, Hobbys oder Freundschaften sind ebenfalls sehr beliebt. Das klingt im ersten Moment sehr löblich, allerdings möchte ich drei Aspekte beleuchten, die wir dabei meist nicht bedenken.

Was verschafft es uns für ein Gefühl, jemand anderem zu helfen? Ein gutes. Wir fühlen uns wichtig und gebraucht. Daran ist auch nichts Verwerfliches. Aber es gibt einen Unterschied zwischen helfen und retten. Helfen ist, wenn ich meine Hilfe anbiete und der andere wählt, ob er sie annehmen möchte oder nicht. Retten ist, wenn ich meinem Gegenüber so lange meine Meinung und Ansicht aufdränge, bis er schließlich meine Hilfe annimmt. Das mag nun etwas abwegig klingen, doch Menschen in emotionalen Schieflagen sind sehr anfällig für solche “Retter”. In solchen Fällen wird die Änderung allerdings von außen angestoßen. Und nun raten Sie mal, wie effizient eine Veränderung ist, die nicht intrinsisch motiviert ist? Sie ist weder effizient noch nachhaltig.

Die Sache mit der Überheblichkeit

Der zweite Aspekt ist, dass es viel einfacher ist, sich um Probleme anderer zu kümmern als um die eigenen. Denn zu diesen haben wir eine gewisse Distanz und müssen uns nicht mit unseren eigenen seelischen, emotionalen oder psychischen Themen befassen.

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Der letzte Gesichtspunkt ist der einer gewissen Überheblichkeit, die meist natürlich weder böse gemeint noch bewusst ist. Wenn ich denke, dass eine Trennung, Job X oder Hobby Z besser für mein Gegenüber wäre, gehe ich davon aus, dass ich besser weiß, was für ihn richtig ist. In gewisser Weise stelle ich mich also über ihn, was ziemlich überheblich ist. Jeder Mensch hat seinen eigenen Lebensweg, seine eigene Geschichte und sein eigenes Mindset. Aus spiritueller Sicht gesehen ist es so, dass sich jede Seele schon vor der Geburt die Aufgaben und Erfahrungen heraussucht, die sie hier auf der Erde erleben will.

Ein offenes Ohr genügt meist schon

Helfen an sich ist nicht verkehrt, ganz im Gegenteil! Doch wir sollten es aus der richtigen Motivation heraus tun. Abschließen möchte ich mit einem Zitat von Anthony Pica: “Das größte Kommunikationsproblem ist, dass wir nicht zuhören, um zu verstehen. Wir hören zu, um zu antworten.” Ja, ein offenes Ohr, das mit ehrlichem Interesse zuhört, ist meist viel mehr wert als alle gut gemeinten Ratschlägen. In dem Sinne viel Freude beim aufrichtigen Zuhören!

 

Der Autor und seine Kurse sind zu erreichen über www.liebeschip.de. Sein Buch “Der Liebescode” ist 2019 im Handel erschienen.

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