Ein Astrophysiker klärt auf

Was war vor dem Urknall?

Dieses Bild der Nasa zeigt die Evolution des Universums, angefangen mit dem Urknall vor fast 14 Milliarden Jahren.

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Albert Einstein war einer der bedeutendsten Physiker der Geschichte. Doch auch er konnte sich irren. So war Einstein lange Zeit der Ansicht, dass das Universum keinen zeitlichen und räumlichen Anfang hatte. Andere Physiker bewiesen das Gegenteil – und somit war die Urknall-Theorie geboren. Doch mit ihr kam auch eine andere Frage auf: Was war vor dem Anfang des Universums?

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Wie ist die Urknall-Theorie entstanden?

Um diese Frage zu beantworten, ist es wichtig, die Theorie dahinter zu verstehen. Sowohl Albert Einstein als auch Alexander Alexandrowitsch Friedmann wendeten die einsteinsche Gleichung der Relativitätstheorie auf das Universum an. „Dabei kam bereits heraus, dass das Universum nicht allgemein statisch ist, sondern sich entweder ausdehnt oder auch kontrahieren kann“, sagt Astrophysiker Fabian Schmidt, der am Max-Planck-Institut unter anderem zu den Anfängen des Universums forscht.

Einsteins Ergebnisse widersprachen seiner eigenen Überzeugung, weswegen er seiner Relativitätstheorie eine „kosmologische Konstante“ hinzufügte. Sie erlaubte ein Szenario, in dem das Universum statisch ist.

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In den 1920er Jahren stellten Astronomen, darunter Edwin Hubble, durch Beobachtungen allerdings fest, dass sich „die Galaxien um uns herum, tendenziell immer von uns weg zu bewegen scheinen“, sagt Schmidt. Ein weiteres Argument für ein expandierendes Universum, das auch Einstein schließlich überzeugte. Hubbles Entdeckung war „eine der großen geistigen Revolutionen des 20. Jahrhunderts“, wie auch der britische Astrophysiker Stephen Hawking in einem seiner Bücher anmerkte. Das Expandieren lässt sich mit einem Luftballon veranschaulichen. Malt man Punkte darauf und bläst diesen auf, „entfernt sich jeder Punkt immer weiter von jedem anderen“, sagt Fabian Schmidt.

Das "Babybild" des Universums: Die Aufnahme der WMAP-Raumsonde zeigt Temperaturschwankungen der kosmischen Hintergrundstrahlung.

Das "Babybild" des Universums: Die Aufnahme der WMAP-Raumsonde zeigt Temperaturschwankungen der kosmischen Hintergrundstrahlung.

Daraus schlossen Physiker wie George Gamov, dass vor der Ausdehnung die gesamte Materie damals eng gebündelt gewesen sein muss – folglich wäre das der Ursprungspunkt. Außerdem nahm Gamov an, dass sich auch heute noch Strahlungen aus dieser Zeit messen lassen müssten. Er hatte Recht: 1965 entdeckten die Physiker Arno Penzias und Robert Wilson die sogenannte kosmische Hintergrundstrahlung, eine Strahlung im Mikrowellenbereich.

Diese Mikrowellen sind von der gleichen Art wie wir es von der Mikrowelle aus der Küche kennen – nur sind die im All deutlich schwächer und kälter. Die kosmische Hintergrundstrahlung entstand etwa 380.000 Jahre nach dem Urknall, als Dichte und Temperatur sanken und sich fortan Atome bilden konnten. Sie gilt als der solideste Beweis der Urknall-Theorie.

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Was wissen wir über den Urknall?

Der Ursprungspunkt ist heute bekannt. Vor etwa 13,8 Milliarden Jahren ist das Universum entstanden. Da zu diesem Zeitpunkt die Materie stark komprimiert war, muss es extrem klein und heiß gewesen sein. Diese komprimierte Energie dehnte sich dann schlagartig mit unvorstellbarer Geschwindigkeit aus. Eine Explosion – wie es der Name vermuten lässt – war es allerdings nicht. Schon eine Sekunde danach war es etwa zehn Billionen Grad heiß und hatte etwa einen Durchmesser von der Erde bis zum Mond. Die Materie zu diesem Zeitpunkt hätte allerdings eher noch in eine Kaffeetasse gepasst. Ab da bildeten sich dann auch die ersten Elementarteilchen. Seitdem wird das Universum immer größer, kälter und weniger dicht.

Wodurch wurde der Urknall ausgelöst?

Hierbei trifft die Theorie des Großen auf die Theorie des Kleinen: die Relativitätstheorie und die Quantentheorie. Letzteres befasst sich mit Atomen und Elementarteilchen. Bislang gelten diese unter Physikerinnen und Physikern aber als unvereinbar, wodurch beide bei der Beschreibung des Urknalls versagen. „Das ist vielleicht das größte offene Problem der Physik“, erklärt Fabian Schmidt.

Eine wichtige Rolle spielen die sogenannten Quantenfluktuationen. Sie sorgen für ständige, winzige Schwankungen der physikalischen Parameter. Im absolut leeren Raum können demnach Teilchen kurz auftauchen, wieder verschwinden und so die Raumzeit beeinflussen. Ein Vorgang, der zwar in der Quantenphysik funktioniert, aber nicht in der klassischen Physik. Durch so eine Fluktuation könnte sich damals auch das Universum ausgedehnt haben. „Wir haben momentan keine Theorie, um das korrekt zu beschreiben“, sagt Fabian Schmidt vom Max-Planck-Institut. „Aber es gibt eben vereinfachte Modelle, die da einen Urknall erzeugen können“, sagt Schmidt.

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Was war vor dem Urknall?

Über den Anfang des Universums lassen sich also Aussagen treffen. Was der Urknall aber tatsächlich selbst war, sei letztendlich nur Spekulation, sagt der Astrophysiker. „Je weiter wir zurückgehen, desto indirekter werden unsere Messung, desto mehr müssen wir Modelle bauen und spekulieren.“ Dabei gehen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nie auf den Punkt null. Physikalisch ergeben eine unendliche Dichte und unendliche Hitze schließlich keinen Sinn. In der Physik wird dieser Zustand Singularität genannt. In ihr verlieren alle bekannten Gesetze der Physik ihre Gültigkeit – darunter also auch Einsteins Relativitätstheorie.

„Das wäre genauso absurd wie die Frage nach einem Punkt südlich des Südpols.“

Stephen Hawking in seinem Buch „Kurze Antworten auf große Fragen" zu einer Zeit vor dem Urknall

Jede mögliche Antwort auf die Frage, was davor war, ist also bloße Spekulation. Sie entzieht sich dem Bereich des Messbaren. „Der Natur selbst scheint ein gewisses Maß an Zufälligkeit und Ungewissheit innezuwohnen, das sich nicht beseitigen lässt, egal wie gut die Theorien sind“, schreibt Hawking dazu. Er verglich das Universum mit einem riesigen Kasino, in dem bei jeder Gelegenheit die Würfel neu gewürfelt werden. Wie im Glücksspiel gibt es hier verschiedene mögliche Ansätze mit jeweils verschiedenen Wahrscheinlichkeiten.

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Welche Theorien gibt es?

Eine Idee ist die der Multiversen. So gibt es exotische Materie, die extrem hohe Energien besitzt. Durch sie entstehen diese zufälligen Quantenfluktuationen. Daraus können an einigen Stellen Blasen entstehen. Stimmen die Bedingungen, kann dann eine sogenannte Inflationsepoche starten und das Universum dehnt sich innerhalb dieser Blase aus.

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„Das heißt alles, was außerhalb dieser Blase ist, wird völlig irrelevant für uns. Denn wir leben und beobachten nur einen winzigen Ausschnitt aus dieser Blase.“ Unser beobachtbares Universum könnte demnach nur ein kleiner Teil eines größeren sein. Woher letzteres kommt, bliebe damit allerdings noch offen.

Eine weitere Theorie geht davon aus, dass es schlicht einen Zustand ohne Zeit als Koordinate gegeben hat. Erst durch das Expandieren des Universums begann auch die Zeit zu existieren, erklärt Fabian Schmidt. Bedeutet auch: Das Universum entstand aus dem Nichts. Dieser Ansicht war beispielsweise Stephen Hawking. Raum und Zeit „sind nur innerhalb des Universums definiert, daher wäre es sinnlos, von einer Zeit zu sprechen, die vor dem Universum begann“, schreibt Hawking. „Das wäre genauso absurd wie die Frage nach einem Punkt südlich des Südpols.“

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