Zerplatzte Hochzeitsträume: Heiraten in Zeiten von Corona
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Hochzeitskuss in Zeiten von Corona? Viele Paare sind aktuell verunsichert, ob sie trotz widriger Umstände heiraten wollen. Manche nehmen die besondere Herausforderung mit Humor.
© Quelle: iStock
New York. Absagen, verschieben oder durchziehen? Wer in Corona-Zeiten heiraten will, muss eine harte Entscheidung treffen. Die Unsicherheiten, die die Pandemie rund um den Globus verbreitet, setzen zudem der Hochzeitsindustrie schwer zu. Vom Caterer bis zum Fotografen bangen die Dienstleister um ihren Job.
"Nach all den Planungen geht es jetzt darum: Verschieben wir?", sagt die Braut Hayley Pass in Saddle Brook im US-Staat New Jersey. "Wir wollen es eigentlich schon durchziehen, aber es sieht ja so aus, als ob das Schlimmste erst noch kommt." Von 155 Gästen hatten die 26-Jährige und ihr Bräutigam die Zusagen in der Tasche. Ein paar haben schon zurückgezogen, aus Angst vor dem Coronavirus. Aber erst, wenn die nähere Familie einen Rückzieher machen sollte, will das Brautpaar das Event auf die Nach-Corona-Zeit verschieben.
Wir wollen es eigentlich schon durchziehen, aber es sieht ja so aus, als ob das Schlimmste erst noch kommt.
Hayley Pass aus New Jersey ist unsicher, ob sie ihre Hochzeit wirklich durchzieht.
Gästezahlen sinken dramatisch
Für das Hochzeitspaar würde das eine Reihe von Unwägbarkeiten bedeuten: Wann wäre es so weit, dass die Feier nachgeholt werden kann? Gäbe es Platz im Restaurant? Hätten die Helfer Zeit? Und was wäre mit all dem bisher investierten Geld, den Anzahlungen? Andererseits: Wenn der Familie unwohl ist, Opa, Oma, Großonkel und -tante gar gefährdet wären, bliebe nichts anderes übrig.
Die Hochzeitsbranche hat dies bereits deutlich zu spüren bekommen. Hochzeitsplaner verhandeln mit Caterern und Restaurants über neue Gästezahlen, um ihren Brautpaaren den Auftrag bei steigenden Absagen zu sichern. “Die Gästezahlen sinken dramatisch”, sagt Hochzeitsplanerin Sasha Souza in Kalifornien. “Wir haben eine Hochzeit mit 150 Leuten im Juni und sind derzeit bei 50 Personen. Die Gäste sagen: ‘Ich komme nicht.’ Vielleicht ändern sie ja noch ihre Meinung."
Gabrielle Wheeler, die im April in der Toskana heiraten wollte, hat bereits verschoben - um Jahresfrist. Ihr Geld wird ihr nicht zurückerstattet. "Ich ärgere mich", sagt die 22-Jährige, die in Amsterdam lebt. "Jetzt muss ich das Beste daraus machen." Reiseveranstalter bemühen sich derweil um Umbuchungen für Hochzeitsreisen: Karibik statt Comer See, Hawaii statt Toskana.
Hochzeitskleider können nicht nachgeliefert werden
Abby Murray in Charlotte, North Carolina, deren Reisebüro sich auf Flitterwochen spezialisiert hat, berichtet von Stillstand und ausbleibenden Neubuchungen. Für die anderen versucht sie, neue Reiseziele zu finden. Normalerweise habe sie um diese Jahreszeit rund 20 Kunden, jetzt seien es zwei. "Die Leute haben Angst, jetzt eine Hochzeitsreise zu buchen", sagt Murray. Selbst wenn sie die Feier an sich nicht absagten, schöben sie die Hochzeitsreise lieber auf.
Die Leute haben Angst, jetzt eine Hochzeitsreise zu buchen.
Abby Murray, Reisebüro-Inhaberin
Für die, die an der Feier festhalten, bringt die Corona-Krise ein weiteres Problem: Wegen mangelnden Nachschubs aus China fehlen zumindest in den USA Hochzeitskleider. Sonst kämen monatlich etwa 60 Kleider aus China ins Geschäft, sagt Holly Marsh, Mitinhaberin von Green Bride in Littleton, Colorado. Im Februar seien es gerade einmal vier gewesen. "Wir stecken in der Klemme", sagt Marsh. "Wenn die Hochzeit im Juni ist und das Kleid im Februar kommen sollte, aber nicht vor Mai hier sein wird - was soll ich dann sagen?"
“Es ist frustrierend, wenn man einer Braut sagen muss, dass wir die Wünsche nicht erfüllen können”, bestätigt David Gaffke, Inhaber von Complete Bridal in East Dundee im US-Staat Illinois. “Das ist schließlich das wichtigste Kleid, das sie tragen wird.”
Heiraten mit Mundschutz
Während manche Brautpaare in Übersee noch hadern und die Hochzeitsbranche sich grämt, ziehen es andere trotzdem durch. Im sozialen Netzwerk Instagram etwa finden sich unter dem Hashtag “coronawedding” allerlei skurrile Hochzeitsszenarien, darunter sind auch die Bilder eines italienischen Pärchens, das sich mit Mundschutz das Ja-Wort gibt: “Das Eheversprechen in Zeiten von Covid-19”, kommentiert der Bräutigam - der Hochzeitskuss fehlt bei den Aufnahmen.
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Angehende Bräute machen sich unterdessen unter eben jenem Hastag Gedanken darüber, wie sie einen Mundschutz dem Anlass gemäß aufhübschen können. So schreibt eine Userin namens “richendavictoriamclean” zu einem Modell mit Glitzerspitze und Strasssteinchen: "Ich habe das Gefühl, dass das etwas sein könnte, was ich am 28. März gebrauchen kann. "
Umsatzeinbrüche bei Fotografen und Schmuckherstellern
Fotograf Michael Busada in Washington beklagt derweil die schwindenden Aufträge. Normalerweise bestreitet er die Hälfte seines Einkommens mit Hochzeitsfotos. Neben Absagen drohen ihm in den kommenden Monaten auch reduzierte Verträge: So wurde jetzt eine große Party mit 150 Gästen zu einer kleinen Familienfeier, statt eines Zehn-Stunden-Tags werden es nur drei Stunden Arbeit für Busada.
Bei Leon Rbibo, dessen Unternehmen The Pearl Source Schmuck übers Internet vertreibt, häufen sieh die Stornierungen und Bitten um Aufschub. “Wir wissen, dass diese Anfragen mit Ängsten angesichts der Ausbreitung des Coronavirus zu tun haben”, sagt Rbibo. Das hätten die Kundenberater erfragt.
Caterer treffen besondere Vorkehrungen
Für alle nicht abgesagten und verschobenen Events treffen die Caterer in Zeiten von Corona nun besondere Vorkehrungen. Nicht nur die Mitarbeiter werden mit zusätzlichen Händedesinfektionsmitteln ausgestattet, sondern auch auf den Tischen werden den Gästen Desinfektionsmittel angeboten, wie Andrea Correale vom Catering- und Event-Unternehmen Elegant Affairs in Manhattan erklärt.
Und zwischen den Gästen wird mehr Raum geschaffen, um die Hürde für eine Übertragung von Krankheitserregern zu erhöhen. An einem Tisch für zehn sitzen jetzt höchstens acht Personen. Große Flaschen, aus denen alle nachschenken können, werden mit kleinen ersetzt - für jeden Gast eine eigene. Und wo früher Schalen mit Erdnüsschen und Brezeln standen, gibt es die Snacks nun in Einzelportionen. "Damit die Leute mit sicherem Gefühl naschen können", sagt Correale.
RND/AP/caro